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==Ehemaliger 670-MW-Reaktor an der Weser==
 
==Ehemaliger 670-MW-Reaktor an der Weser==
 
[[Datei:Kernkraftwerk_Würgassen.jpg|thumb|270px|AKW Würgassen 2006]]
 
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Das Atomkraftwerk Würgassen (KWW) lag am gleichnamigen Dorf nahe der westfälischen Stadt Beverungen am Weserufer, zwischen Paderborn, Kassel und Göttingen.<ref>WNA Reactor Database: [http://world-nuclear.org/NuclearDatabase/reactordetails.aspx?id=27570&rid=DF79E2F4-A418-4CD1-878E-325E1DB53FCF Wurgassen, Germany] abgerufen am 15. September 2014</ref> Es ist abgesehen von zwei Lagergebäuden komplett rückgebaut worden und gilt seit 1. Oktober 2014 als Zwischenlager.<ref name="HNA_2014_10_15">HNA Online: [http://www.hna.de/lokales/hofgeismar/kernkraftwerk-wuergassen-wird-zwischenlager-genutzt-4136173.html Kernkraftwerk Würgassen wird als Zwischenlager genutzt] vom 15. Oktober 2014</ref>
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Das Atomkraftwerk Würgassen (KWW) lag am gleichnamigen Dorf nahe der westfälischen Stadt Beverungen am Weserufer, zwischen Paderborn, Kassel und Göttingen.<ref>WNA Reactor Database: [http://world-nuclear.org/NuclearDatabase/reactordetails.aspx?id=27570&rid=DF79E2F4-A418-4CD1-878E-325E1DB53FCF Wurgassen, Germany] abgerufen am 15. September 2014</ref> Es ist abgesehen von zwei Lagergebäuden komplett rückgebaut worden und gilt seit 1. Oktober 2014 organisatorisch als Zwischenlager.<ref name="HNA_2014_10_15">HNA Online: [http://www.hna.de/lokales/hofgeismar/kernkraftwerk-wuergassen-wird-zwischenlager-genutzt-4136173.html Kernkraftwerk Würgassen wird als Zwischenlager genutzt] vom 15. Oktober 2014</ref>
   
Der Siedewasserreaktor Würgassen besaß 670 MW Leistung, wurde am 22. Oktober 1971 in Betrieb genommen und ging am 26. August 1994 außer Betrieb. Hersteller waren AEG/[[Siemens und KWU|KWU]]. Mit der Stilllegung wurde am 14. April 1997 begonnen. Eigentümer und Betreiber ist die [[E.ON]] Kernkraft GmbH.<ref name="IAEO"/><ref>BfS: [http://web.archive.org/web/20140812170414/http://www.bfs.de/de/bfs/recht/rsh/A19_Kernkraftwerke_0614.pdf Kernkraftwerke in Deutschland] abgerufen am 12. August 2014 (via Wayback)</ref>
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Der Siedewasserreaktor Würgassen besaß 670 MW Leistung, wurde am 22. Oktober 1971 in Betrieb genommen und ging am 26. August 1994 außer Betrieb. Hersteller waren AEG/[[Siemens und KWU|KWU]]. Mit der Stilllegung wurde am 14. April 1997 begonnen. Eigentümer und Betreiber ist die [[E.ON]] Kernkraft GmbH.<ref name="IAEO"/><ref>BfS: [http://web.archive.org/web/20140812170414/http://www.bfs.de/de/bfs/recht/rsh/A19_Kernkraftwerke_0614.pdf Kernkraftwerke in Deutschland] abgerufen am 12. August 2014 (via WayBack)</ref>
==Störfälle==
 
   
 
==Störfälle==
 
Während des Betriebs wurden laut Bundesamt für Strahlenschutz 279 meldepflichtige Ereignisse registriert (Stand: 2. August 2015).<ref>BfS: [http://www.bfs.de/DE/themen/kt/ereignisse/standorte/kkw/kkw.html Kernkraftwerke in Deutschland: Meldepflichtige Ereignisse seit Inbetriebnahme] abgerufen am 2. August 2015</ref>
 
Während des Betriebs wurden laut Bundesamt für Strahlenschutz 279 meldepflichtige Ereignisse registriert (Stand: 2. August 2015).<ref>BfS: [http://www.bfs.de/DE/themen/kt/ereignisse/standorte/kkw/kkw.html Kernkraftwerke in Deutschland: Meldepflichtige Ereignisse seit Inbetriebnahme] abgerufen am 2. August 2015</ref>
   
1972 musste eine Reaktorschnellabschaltung durchgeführt werden, als durch ein Leck radioaktives Wasser in den Sicherheitsbehälter lief. Ursache war das unbeabsichtigte Öffnen eines Entlastungsventils, was zu hohem Druck in der Kompensationskammer führte.<ref>NWZ Online: [http://www.nwzonline.de/hintergrund/3000-stoerfaelle-in-deutschen-kernkraftwerken-seit-1965_a_6,1,1960024017.html 3000 Störfälle in deutschen Kernkraftwerken seit 1965] vom 10. August 2006</ref> Die 1.000 Kubikmeter an verstrahltem Wasser flossen anschließend in die Weser.
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1972 musste eine Reaktorschnellabschaltung durchgeführt werden, als durch ein Leck radioaktives Wasser in den Sicherheitsbehälter lief. Ursache war das unbeabsichtigte Öffnen eines Entlastungsventils, was zu hohem Druck in der Kompensationskammer führte.<ref>NWZ Online: [http://www.nwzonline.de/hintergrund/3000-stoerfaelle-in-deutschen-kernkraftwerken-seit-1965_a_6,1,1960024017.html 3000 Störfälle in deutschen Kernkraftwerken seit 1965] vom 10. August 2006</ref>
   
Als 1972 vier Notstromdiesel wegen einer Reparaturarbeit die Stromversorgung übernehmen sollten, vielen alle wegen konstruktionsbedingter Mängel gleichzeitig aus.<ref>DER SPIEGEL: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40992638.html Alarm auf Station SL-1 - Unfälle in Atomkraftwerken (V)] vom 14. Februar 1977</ref>
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Als 1972 vier Notstromdiesel wegen einer Reparaturarbeit die Stromversorgung übernehmen sollten, fielen alle wegen konstruktionsbedingter Mängel gleichzeitig aus.<ref>DER SPIEGEL: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40992638.html Alarm auf Station SL-1 - Unfälle in Atomkraftwerken (V)] vom 14. Februar 1977</ref>
   
 
Mit der Inbetriebnahme des Reaktors überschritt man zum ersten Mal die 600-MW-Leistungsgrenze und begab sich in technisches Neuland, für das es in den [[USA]] kein Vorbild kam. Es mussten immer wieder neuartige Konstruktionen erdacht werden. 1974 kam es zu Schäden an der Niederdruckturbine, die man als "zunächst völlig unerklärlich" bezeichnete. Offensichtlich bekam man die Technik des Reaktors nie wirklich in den Griff, so dass es zu einer langen Serie von Pannen kam.<ref>Joachim Radkau & Lothar Hahn: Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft. oekom, München 2013. S. 247 und 253.</ref>
 
Mit der Inbetriebnahme des Reaktors überschritt man zum ersten Mal die 600-MW-Leistungsgrenze und begab sich in technisches Neuland, für das es in den [[USA]] kein Vorbild kam. Es mussten immer wieder neuartige Konstruktionen erdacht werden. 1974 kam es zu Schäden an der Niederdruckturbine, die man als "zunächst völlig unerklärlich" bezeichnete. Offensichtlich bekam man die Technik des Reaktors nie wirklich in den Griff, so dass es zu einer langen Serie von Pannen kam.<ref>Joachim Radkau & Lothar Hahn: Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft. oekom, München 2013. S. 247 und 253.</ref>

Version vom 5. November 2015, 17:12 Uhr

Reaktoren außer Betrieb > Würgassen (Nordrhein-Westfalen)

Siedewasserreaktor • Leistung: 670 MW • Typ: - • Baubeginn: 26. Januar 1968 •
Inbetriebnahme: 20. Oktober 1971 • Abschaltung: 26. August 1994 •[1]
Beginn Rückbau: 1997 • Ende Rückbau: 15. Oktober 2014 (bis auf zwei Gebäude)


Ehemaliger 670-MW-Reaktor an der Weser

Kernkraftwerk Würgassen

AKW Würgassen 2006

Das Atomkraftwerk Würgassen (KWW) lag am gleichnamigen Dorf nahe der westfälischen Stadt Beverungen am Weserufer, zwischen Paderborn, Kassel und Göttingen.[2] Es ist abgesehen von zwei Lagergebäuden komplett rückgebaut worden und gilt seit 1. Oktober 2014 organisatorisch als Zwischenlager.[3]

Der Siedewasserreaktor Würgassen besaß 670 MW Leistung, wurde am 22. Oktober 1971 in Betrieb genommen und ging am 26. August 1994 außer Betrieb. Hersteller waren AEG/KWU. Mit der Stilllegung wurde am 14. April 1997 begonnen. Eigentümer und Betreiber ist die E.ON Kernkraft GmbH.[1][4]

Störfälle

Während des Betriebs wurden laut Bundesamt für Strahlenschutz 279 meldepflichtige Ereignisse registriert (Stand: 2. August 2015).[5]

1972 musste eine Reaktorschnellabschaltung durchgeführt werden, als durch ein Leck radioaktives Wasser in den Sicherheitsbehälter lief. Ursache war das unbeabsichtigte Öffnen eines Entlastungsventils, was zu hohem Druck in der Kompensationskammer führte.[6]

Als 1972 vier Notstromdiesel wegen einer Reparaturarbeit die Stromversorgung übernehmen sollten, fielen alle wegen konstruktionsbedingter Mängel gleichzeitig aus.[7]

Mit der Inbetriebnahme des Reaktors überschritt man zum ersten Mal die 600-MW-Leistungsgrenze und begab sich in technisches Neuland, für das es in den USA kein Vorbild kam. Es mussten immer wieder neuartige Konstruktionen erdacht werden. 1974 kam es zu Schäden an der Niederdruckturbine, die man als "zunächst völlig unerklärlich" bezeichnete. Offensichtlich bekam man die Technik des Reaktors nie wirklich in den Griff, so dass es zu einer langen Serie von Pannen kam.[8]

Am 24. Juli 1978 raste ein Kampfflugzeug der britischen Luftwaffe vom Typ Phantom in die nordrhein-westfälische Ortschaft Drenke und explodierte. Da das Atomkraftwerk Würgassen nur acht Kilometer entfernt war, wurde eine Diskussion über die Gefährdung von Atomkraftwerken ausgelöst. Der Betreiber PreussenElectra musste zugeben, dass Atomkraftwerke "nur bis zu einer Aufprallgeschwindigkeit von 350 bis 450 Stundenkilometern geschützt seien". Die damalige Bundesregierung sah keine Notwendigkeit, Überflogverbote zu erlassen.[9]

1978 stand das AKW drei Monate wegen Rissen am Dampftrockner still; darüber hinaus ereignete sich am 7. Oktober ein Turbinenschaden.[10]

Eigentlich hätte der Reaktor noch bis 2010 weiterlaufen sollen.[11] 1994 wurde er vom Netz genommen, nachdem man Risse an Kernmantel und Kerngitterplatten festgestellt hatte. "Die Behörden verlangten den Austausch des Stahlzylinders. Dem damaligen Betreiber, der Preussen-Elektra AG, war die Reparatur zu teuer, und sie beschloss, das älteste kommerzielle Kernkraftwerk Deutschlands stillzulegen."[12]

Rückbau 2014 beendet

Der Rückbau begann 1997 und sollte eigentlich 2009 abgeschlossen werden.[12]

Die Zerlegung des Reaktorbehälters zog sich jedoch über drei Jahre bis 2010 hin. Etwa 5.000 Tonnen Atommüll werden nun auf dem Gelände gelagert, bis ein Endlager zur Verfügung steht. "Am Ende soll nur eine grüne Wiese bleiben. Zwischen ihr und der Gegenwart stehen lustige Namen: Neptunium, Americium, Plutonium, Cobalt. Mit weniger lustigen Eigenschaften: Jede Sekunde zerfallen die Atome, strahlen, ängstigen, spalten die Gesellschaft. Sie stecken in Hüllen, Wänden, Rohren und Kabeln, für eine Ewigkeit. Jetzt soll das Gruselkabinett der Chemie unter dem deutschen Erdboden verschwinden."[13]

Der Rückbau hat bis Oktober 2014 mehr als eine Milliarde Euro gekostet, fünfmal so viel wie der Bau und viermal so viel wie ursprünglich angenommen.[11] Am 15. Oktober 2014 wurde er laut einer Mitteilung von E.ON Kernkraft offiziell beendet. Vom ehemaligen Atomkraftwerk sind nur noch zwei Gebäude stehengeblieben, die Abfälle aus dem Rückbau enthalten. Würgassen gilt deshalb seit 1. Oktober 2014 organisatorisch nicht mehr als Atomkraftwerk, sondern als Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktiven Abfall. Die restlichen Gebäude können erst abgerissen werden, wenn Schacht Konrad zur Verfügung steht und der Atommüll dorthin überführt worden ist.[3]

→ HAZ: Das stillgelegte Atomkraftwerk Würgassen (Fotostrecke)
→ Forum - Das Wochenmagazin: Ein Atomkraftwerk wird abgebaut Baustellenbericht vom 15. Juli 2012

Videobeiträge

  • "Seit 17 Jahren wird das Atomkraftwerk Würgassen zurückgebaut. Das Entfernen aller belasteten Teile soll im Sommer 2014 abgeschlossen sein. Doch bis zum endgültigen Abriss dauert es noch weitere 14 Jahre."[14]
Atomkraftwerk_Würgassen_Abriss_dauert_30_Jahre

Atomkraftwerk Würgassen Abriss dauert 30 Jahre

HNA vom 5. März 2014

(Letzte Änderung: 05.11.2015)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 IAEO: PRIS - Country Statistics/Germany abgerufen am 27. Mai 2014
  2. WNA Reactor Database: Wurgassen, Germany abgerufen am 15. September 2014
  3. 3,0 3,1 HNA Online: Kernkraftwerk Würgassen wird als Zwischenlager genutzt vom 15. Oktober 2014
  4. BfS: Kernkraftwerke in Deutschland abgerufen am 12. August 2014 (via WayBack)
  5. BfS: Kernkraftwerke in Deutschland: Meldepflichtige Ereignisse seit Inbetriebnahme abgerufen am 2. August 2015
  6. NWZ Online: 3000 Störfälle in deutschen Kernkraftwerken seit 1965 vom 10. August 2006
  7. DER SPIEGEL: Alarm auf Station SL-1 - Unfälle in Atomkraftwerken (V) vom 14. Februar 1977
  8. Joachim Radkau & Lothar Hahn: Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft. oekom, München 2013. S. 247 und 253.
  9. DER SPIEGEL 38/1978: Gefahr von oben vom 18. September 1978
  10. DER SPIEGEL 46/1978: Risse in den Rohren vom 13. November 1978
  11. 11,0 11,1 taz.de: Teures Nachspiel, langes Nachspiel vom 20. Oktober 2014
  12. 12,0 12,1 Berliner Zeitung: Vom Kernkraftwerk zur grünen Wiese - In Würgassen sammeln Techniker Erfahrung beim Rückbau des ersten kommerziellen Kernkraftwerks vom 1. Juli 2003
  13. Zeit Online: Nuklearingenieure: Weg damit! vom 26. April 2012
  14. HNA.de Atomkraftwerk Würgassen: Abriss dauert 30 Jahre vom 5. März 2014