AtomkraftwerkePlag Wiki
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Reaktoren in Betrieb: 4 • im Bau: - • stillgelegt: 2 <ref name="PRIS">IAEA: [https://pris.iaea.org/pris/CountryStatistics/CountryDetails.aspx?current=CH PRIS - CountryStatistics/Switzerland] abgerufen am 12. März 2019</ref><ref name="nzz_2019_12_20">nzz.ch: [https://www.nzz.ch/schweiz/dem-akw-muehleberg-schlaegt-die-letzte-stunde-ld.1529613 Das AKW Mühleberg war einmal] vom 20. Dezember 2019</ref>}}
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Reaktoren in Betrieb: 4 • im Bau: - • stillgelegt: 2 <ref name="PRIS">IAEA: [https://pris.iaea.org/pris/CountryStatistics/CountryDetails.aspx?current=CH PRIS - CountryStatistics/Switzerland] abgerufen am 26. August 2021</ref><ref name="nzz_2019_12_20">nzz.ch: [https://www.nzz.ch/schweiz/dem-akw-muehleberg-schlaegt-die-letzte-stunde-ld.1529613 Das AKW Mühleberg war einmal] vom 20. Dezember 2019</ref>}}
 
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==Atomkraftwerke in der Schweiz==
 
==Atomkraftwerke in der Schweiz==
 
[[Datei:Limmatraum.jpg|thumb|270px|Zürich (Schweiz)]]
 
[[Datei:Limmatraum.jpg|thumb|270px|Zürich (Schweiz)]]
Im November 1945 wurden nach einem Beschluss des Schweizer Parlaments eine Atomenergiekommission gegründet und 1946 ein Atomprogramm aufgesetzt. 1955 erwarb die Schweiz einen Forschungsreaktor namens SAPHIR in den USA und wurde 1957 ein Gründungsmitglied der [[Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO)|Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO)]].<ref name="IAEO_Switzerland">IAEO: [https://cnpp.iaea.org/countryprofiles/Switzerland/Switzerland.htm Country Nuclear Power Profiles/Switzerland] abgerufen am 14. Februar 2015</ref><ref>IAEO: [https://www.iaea.org/about/memberstates Member States] abgerufen am 11. März 2016</ref>
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Im November 1945 wurden nach einem Beschluss des Schweizer Parlaments eine Atomenergiekommission gegründet und 1946 ein Atomprogramm aufgesetzt. 1955 erwarb die Schweiz einen Forschungsreaktor namens SAPHIR in den USA und nahm diesen 1957 in Betrieb. 1957 wurde das Land ein Gründungsmitglied der [[Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO)|Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO)]].<ref name="IAEO_Switzerland">IAEO: [https://cnpp.iaea.org/countryprofiles/Switzerland/Switzerland.htm Country Nuclear Power Profiles/Switzerland] abgerufen am 26. August 2021</ref><ref>IAEO: [https://www.iaea.org/about/memberstates Member States] abgerufen am 26. August 2021</ref>
   
1959 wurde der älteste Reaktor der Schweiz, ein Forschungsreaktor in der Universität Basel vom Typ AGN 211, der 1959 in Betrieb genommen; Die Anlage ging 2015 außer Betrieb, die Brennelemente wurden in die USA gebracht.<ref>admin.ch: [https://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2017/3687.pdf Öffentliche Auflage des Stilllegungsprojekts der Universität Basel mit Gesuch vom 7. Februar 2017 betreffend Anordnung der Stilllegung des Forschungs - reaktors AGN - 211 - P] vom 23. Mai 2017</ref>
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1959 wurde ein Forschungsreaktor in der Universität Basel vom Typ AGN-211-P in Betrieb genommen; Die Anlage ging 2015 außer Betrieb, die Brennelemente wurden in die USA gebracht.<ref>admin.ch: [https://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2017/3687.pdf Öffentliche Auflage des Stilllegungsprojekts der Universität Basel mit Gesuch vom 7. Februar 2017 betreffend Anordnung der Stilllegung des Forschungs - reaktors AGN - 211 - P] vom 23. Mai 2017</ref> 1960 wurde der Schwerwasserreaktor DIORIT mit Natururan im Forschungszentrum Würenlingen in Betrieb genommen, den die Schweiz eigenständig konstruiert hatte. Der Reaktor wurde 1977 stillgelegt.<ref name="IAEO_Switzerland"/>
   
1960 ging der Schwerwasserreaktor DIORIT mit Natururan im Forschungszentrum Würenlingen in Betrieb, den die Schweiz eigenständig konstruiert hatte. Einen schweren Unfall der [[Atomunfälle - Klassifizierung und Übersicht|INES]]-Stufe 5 erlebte die Schweiz 1969 mit ihrem unterirdisch errichteten → [[Lucens, Schweiz 1969|Schwerwasserreaktor Lucens]], bei dem es zu einer teilweisen Kernschmelze kam. In der Folge nahm man von Eigenkonstruktionen Abstand und stieg auf Leichtwasserreaktoren um. Mit Beznau-1 und -2 gingen 1969 und 1972 die ersten kommerziellen Einheiten in Betrieb.<ref name="IAEO_Switzerland"/>
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Einen schweren Unfall der [[Atomunfälle - Klassifizierung und Übersicht|INES]]-Stufe 5 erlebte die Schweiz 1969 mit ihrem unterirdisch errichteten → [[Lucens, Schweiz 1969|Schwerwasserreaktor Lucens]], bei dem es zu einer teilweisen Kernschmelze kam. In der Folge nahm man von Eigenkonstruktionen Abstand und stieg auf Leichtwasserreaktoren um. Mit Beznau-1 und -2 gingen 1969 und 1972 die ersten kommerziellen Einheiten in Betrieb.
   
 
Heute liefern vier Reaktoren an drei Standorten Strom, die zum Teil schon seit über 40 Jahren betrieben werden.<ref name="PRIS"/><ref name="nzz_2019_12_20"/> Weitere geplante Projekte in Graben, Inwil, Kaiseraugust, Niederamt, Rheinklingen, Rüthi und Verbois wurden nicht realisiert.
 
Heute liefern vier Reaktoren an drei Standorten Strom, die zum Teil schon seit über 40 Jahren betrieben werden.<ref name="PRIS"/><ref name="nzz_2019_12_20"/> Weitere geplante Projekte in Graben, Inwil, Kaiseraugust, Niederamt, Rheinklingen, Rüthi und Verbois wurden nicht realisiert.
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==Ausstiegsbeschluss 2011==
 
==Ausstiegsbeschluss 2011==
Die Antiatombewegung hat in der Schweiz eine lange Tradition. Sie begann 1946 mit ersten Forderungen für ein Ende von Atomwaffen, setzte sich 1970 mit der Gründung des Nordwestschweizer Aktionskomitees gegen Atomkraftwerke (NWA) fort und verhinderte aufgrund lokalen Widerstandes den Bau von [[Kaiseraugst (Schweiz)|Kaiseraugst]] und [[Graben (Schweiz)|Graben]].<ref>Historisches Lexikon der Schweiz: [http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D16516.php Antiatombewegung] vom 23. Juli 2007</ref>
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Die Antiatombewegung hat in der Schweiz eine lange Tradition. Sie begann 1946 mit ersten Forderungen für ein Ende von Atomwaffen, setzte sich 1970 mit der Gründung des Nordwestschweizer Aktionskomitees gegen Atomkraftwerke (NWA) als organisierter Opposition fort und verhinderte aufgrund lokalen Widerstandes u.a. den Bau von [[Kaiseraugst (Schweiz)|Kaiseraugst]] und [[Graben (Schweiz)|Graben]].<ref>Historisches Lexikon der Schweiz: [http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D16516.php Antiatombewegung] vom 23. Juli 2007</ref>
   
Nach der [[Die Fukushima-Katastrophe|Fukushima-Katastrophe]] nahm die Akzeptanz für die Atomenergie in Bevölkerung und Politik deutlich ab. Schon wenige Tage später kündigte die Regierung einen Beschluss zum Atomausstieg an, es gab aber im März 2011 noch starke Vorbehalte von Seiten der bürgerlichen Parteien SVP und FDP.<ref>FAZ.net: [http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc%7EEEEED507EA05E450698275390BF0361C6%7EATpl%7EEcommon%7EScontent.html Volksabstimmung erwartet - Schweiz stoppt Antragsverfahren für AKW]'' ''vom 14. März 2011</ref> Am 25. und 26. April folgten erste Demonstrationen in der Schweiz gegen die Atomkraft.<ref>NZZ Online: [http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/schweiz/marschieren_fuer_den_frieden_und_gegen_die_atomkraftwerke_1.10372880.html Marschieren für den Frieden und gegen Atomkraftwerke] vom 25. April 2011</ref><ref>NZZ Online: [http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/schweiz/bkw_bern_hauptsitz_menschenkette_1.10382493.html Menschenkette vor dem BKW-Hauptsitz] vom 26. April 2011</ref> Am 6. Mai deckte die Schweizer Atomaufsicht Mängel an verschiedenen AKW auf.<ref>Südkurier: [http://www.suedkurier.de/region/hochrhein/waldshut-tiengen/Schweizer-Atomkraftwerke-Behoerde-deckt-Sicherheitsmaengel-auf;art372623,4872865 Schweizer Atomkraftwerke: Behörde deckt Sicherheitsmängel auf] vom 6. Mai 2011</ref> Am 22. Mai fand im Aargau eine weitere Großdemonstration statt.<ref>NZZ Online: [http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/schweiz/anti-atomkraft-bewegung_wird_breiter_1.10659128.html Anti-Atomkraft-Bewegung wird breiter] vom 22. Mai 2011</ref>
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Nach der [[Die Fukushima-Katastrophe|Fukushima-Katastrophe]] nahm die Akzeptanz für die Atomenergie in Bevölkerung und Politik deutlich ab. Schon wenige Tage später stoppte die Regierung drei Rahmenbewilligungsanträge für neue Atomkraftwerke. Dagegen gab es aber im März 2011 starke Vorbehalte von Seiten der bürgerlichen Parteien SVP und FDP.<ref>FAZ.net: [https://web.archive.org/web/20110320054507/http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~EEEED507EA05E450698275390BF0361C6~ATpl~Ecommon~Scontent.html Volksabstimmung erwartet - Schweiz stoppt Antragsverfahren für AKW]vom 14. März 2011 (via WayBack)</ref> Am 25. und 26. April folgten erste Demonstrationen in der Schweiz gegen die Atomkraft.<ref>NZZ Online: [http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/schweiz/marschieren_fuer_den_frieden_und_gegen_die_atomkraftwerke_1.10372880.html Marschieren für den Frieden und gegen Atomkraftwerke] vom 25. April 2011</ref><ref>NZZ Online: [http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/schweiz/bkw_bern_hauptsitz_menschenkette_1.10382493.html Menschenkette vor dem BKW-Hauptsitz] vom 26. April 2011</ref> Am 6. Mai deckte die Schweizer Atomaufsicht Mängel an verschiedenen AKW auf.<ref>Südkurier: [http://www.suedkurier.de/region/hochrhein/waldshut-tiengen/Schweizer-Atomkraftwerke-Behoerde-deckt-Sicherheitsmaengel-auf;art372623,4872865 Schweizer Atomkraftwerke: Behörde deckt Sicherheitsmängel auf] vom 6. Mai 2011</ref> Am 22. Mai fand im Aargau eine Großdemonstration gegen die Atomkraft statt.<ref>NZZ Online: [http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/schweiz/anti-atomkraft-bewegung_wird_breiter_1.10659128.html Anti-Atomkraft-Bewegung wird breiter] vom 22. Mai 2011</ref>
   
Am 25. Mai 2011 beschlossen Bundesrat und Nationalrat sowie am 28. September 2011 der Ständerat, schrittweise aus der Atomenergie auszusteigen. Die fünf laufenden Reaktoren sollen noch bis zum Ende ihrer Betriebsdauer Strom produzieren, neue Atomkraftwerke sollen aber nicht mehr gebaut werden. Im Einzelnen sollte laut diesem Beschluss [[Beznau (Schweiz)|Beznau-1]] 2019 vom Netz gehen, [[Beznau (Schweiz)|Beznau-2]] und [[Mühleberg (Schweiz)|Mühleberg]] 2022,  [[Gösgen (Schweiz)|Gösgen]] 2029 und [[Leibstadt (Schweiz)|Leibstadt]] 2034.<ref>NZZ Online: [http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/schweiz/die_schweiz_baut_keine_atomkraftwerke_mehr_1.10699185.html Die Schweiz steigt aus der Atomenergie aus] vom 25. Mai 2011</ref><ref>Schweizer Fernsehen: [http://web.archive.org/web/20121025040724/http://www.tagesschau.sf.tv/Nachrichten/Archiv/2011/09/28/Schweiz/Session/Schweiz-will-neue-Atomkraftwerke-verbieten Schweiz will neue Atomkraftwerke verbieten] vom 28. September 2011 (via WayBack)</ref> Am 6. Dezember 2011 bestätigte der Schweizer Nationalrat den Ausstiegsbeschluss.<ref>NZZ Online: [http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/schweiz/nationalrat_bekraeftigt_atomausstieg_1.13532807.html Nationalrat bekräftigt Ja zum Atomausstieg] vom 6. Dezember 2011</ref> Für den Rückbau der Atomkraftwerke werden nach einer Schätzung von 2013 Kosten in Höhe von 20,6 Mrd. Franken anfallen.<ref>swissinfo.ch: [http://www.swissinfo.ch/ger/wissen_und_technik/Kernkraftwerke_sind_nicht_fuer_den_Rueckbau_gebaut.html?cid=34792868 Kernkraftwerke sind nicht für den Rückbau gebaut] vom 29. Januar 2013</ref>
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Am 25. Mai 2011 beschlossen Bundesrat und Nationalrat sowie am 28. September 2011 der Ständerat, schrittweise aus der Atomenergie auszusteigen. Die fünf laufenden Reaktoren sollten noch bis zum Ende ihrer Betriebsdauer Strom produzieren, neue Atomkraftwerke sollten aber nicht mehr gebaut werden. Im Einzelnen sollte laut diesem Beschluss [[Beznau (Schweiz)|Beznau-1]] 2019 vom Netz gehen, [[Beznau (Schweiz)|Beznau-2]] und [[Mühleberg (Schweiz)|Mühleberg]] 2022, [[Gösgen (Schweiz)|Gösgen]] 2029 und [[Leibstadt (Schweiz)|Leibstadt]] 2034.<ref>swissinfo.ch: [https://www.swissinfo.ch/ger/regierung-will-schrittweisen-akw-ausstieg/30316026 Regierung will schrittweisen AKW-Ausstieg] vom 25. Mai 2011</ref><ref>Schweizer Fernsehen: [http://web.archive.org/web/20121025040724/http://www.tagesschau.sf.tv/Nachrichten/Archiv/2011/09/28/Schweiz/Session/Schweiz-will-neue-Atomkraftwerke-verbieten Schweiz will neue Atomkraftwerke verbieten] vom 28. September 2011 (via WayBack)</ref> Am 6. Dezember 2011 bestätigte der Schweizer Nationalrat den Ausstiegsbeschluss.<ref>NZZ Online: [http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/schweiz/nationalrat_bekraeftigt_atomausstieg_1.13532807.html Nationalrat bekräftigt Ja zum Atomausstieg] vom 6. Dezember 2011</ref> Für den Rückbau der Atomkraftwerke werden nach einer Schätzung von 2011 Kosten in Höhe von 20,6 Mrd. Franken anfallen.<ref>swissinfo.ch: [https://www.swissinfo.ch/ger/stilllegung-von-atommeilern-_wenn-ein-schweizer-atomkraftwerk-abgeschaltet-wird/42590620 Wenn ein Schweizer Atomkraftwerk abgeschaltet wird] vom 16. November 2016</ref>
   
Nach einer Umfrage vom Mai 2014 würden 77 % der befragten Schweizer Bürger in einer Volksabstimmung für den Ausstieg aus der Atomkraft bis 2034 stimmen.<ref>srf.ch: [http://www.srf.ch/news/schweiz/schweizer-wollen-laut-umfrage-keine-akw Schweizer wollen laut Umfrage keine AKW] vom 23. Mai 2014</ref><br />
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In einer Umfrage vom Mai 2014 stimmten 77 % der befragten Schweizer Bürger in einer Volksabstimmung für den Ausstieg aus der Atomkraft bis 2034.<ref>srf.ch: [http://www.srf.ch/news/schweiz/schweizer-wollen-laut-umfrage-keine-akw Schweizer wollen laut Umfrage keine AKW] vom 23. Mai 2014</ref><br />
   
 
==Revision des Atomausstiegs 2014==
 
==Revision des Atomausstiegs 2014==
 
[[Datei:Gosgen_nuclear.png|thumb|200px|AKW Gösgen (Schweiz)]]
 
[[Datei:Gosgen_nuclear.png|thumb|200px|AKW Gösgen (Schweiz)]]
Im Dezember 2014 wurde der Ausstiegsbeschluss allerdings wieder weitgehend zurückgenommen: Zwar soll ein Verbot für den Neubau von AKW gesetzlich verankert werden. Es sollen aber nur Beznau-1 und - 2 zu festen Terminen abgeschaltet werden: 2029 und 2031 nach 60 Jahren Betrieb. Die anderen Reaktoren sollen so lange laufen, wie sie die Aufsichtsbehörde ENSI für sicher hält.<ref>Berner Zeitung: [https://web.archive.org/web/20141209200502/http://www.bernerzeitung.ch/schweiz/standard/England-baut-neue-AKW-mit-Subventionen-der-EU/story/10155878 Nationalrat sagt Nein zu Ausstiegsinitiative der Grünen] vom 9. Dezember 2014 (via WayBack)</ref> De facto ist also fraglich, ob die Schweiz überhaupt aus der Atomkraft aussteigen wird.
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Im Dezember 2014 wurde der Ausstiegsbeschluss allerdings wieder weitgehend zurückgenommen: So sollen nur Beznau-1 und - 2 zu festen Terminen abgeschaltet werden: 2029 und 2031 nach 60 Jahren Betrieb. Die anderen Reaktoren sollen so lange laufen, wie sie die Aufsichtsbehörde ENSI für sicher hält.<ref>Berner Zeitung: [https://web.archive.org/web/20141209200502/http://www.bernerzeitung.ch/schweiz/standard/England-baut-neue-AKW-mit-Subventionen-der-EU/story/10155878 Nationalrat sagt Nein zu Ausstiegsinitiative der Grünen] vom 9. Dezember 2014 (via WayBack)</ref> De facto ist also fraglich, ob die Schweiz überhaupt aus der Atomkraft aussteigen wird.
   
Die Revision des Ausstiegsbeschlusses wird von Wohltaten für die Betreiber von Atomkraftwerken flankiert: Mussten diese bislang eine 1 Mrd. Franken für nukleare Schäden bei privaten Versicherungen abdecken, wurde diese Summe nun auf 500 Mio. Franken halbiert. Die entstehende Lücke übernimmt die Bundesregierung, sprich die Schweizer Bürger.<ref>photovoltaik.eu: [http://www.photovoltaik.eu/Schweizer-Buerger-haften-fuer-Atomunfaelle,QUlEPTYyOTY2NyZNSUQ9MzAwMjE.html Schweizer Bürger haften für Atomunfälle] vom 22. Januar 2015</ref>
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Die Revision des Ausstiegsbeschlusses wird von Wohltaten für die Betreiber von Atomkraftwerken flankiert: Mussten diese bislang eine 1 Mrd. Franken für nukleare Schäden bei privaten Versicherungen abdecken, wurde diese Summe nun auf 500 Mio. Franken halbiert. Die entstehende Lücke übernimmt die Bundesregierung, sprich die Schweizer Bürger.<ref>photovoltaik.eu: [https://www.photovoltaik.eu/recht/schweizer-buerger-haften-fuer-atomunfaelle Schweizer Bürger haften für Atomunfälle] vom 22. Januar 2015</ref>
   
 
Wie in Deutschland gibt es auch in der Schweiz die Befürchtung, dass die Atomkonzerne für Stilllegung und Entsorgung zu wenig Geld bereitstellen. Ende 2013 hätten im Fonds 11,5 Mrd. Franken enthalten sein sollen, die Atomindustrie habe aber laut Eidgenössischer Finanzkontrolle nur 5,3 Mrd. eingezahlt. Es bestehe das Risiko, dass der Bund die Differenz ausgleichen müsse. Während die Betreiber die Kosten insgesamt auf 20 Mrd. Franken schätzen, gehen Experten von einem wesentlich höheren Betrag aus.<ref>BaslerZeitung: [http://bazonline.ch/schweiz/standard/Bund-soll-Risiken-bei-AKW-senken/story/16154991 Bund soll Risiken bei AKW senken] vom 24. Juni 2015</ref>
 
Wie in Deutschland gibt es auch in der Schweiz die Befürchtung, dass die Atomkonzerne für Stilllegung und Entsorgung zu wenig Geld bereitstellen. Ende 2013 hätten im Fonds 11,5 Mrd. Franken enthalten sein sollen, die Atomindustrie habe aber laut Eidgenössischer Finanzkontrolle nur 5,3 Mrd. eingezahlt. Es bestehe das Risiko, dass der Bund die Differenz ausgleichen müsse. Während die Betreiber die Kosten insgesamt auf 20 Mrd. Franken schätzen, gehen Experten von einem wesentlich höheren Betrag aus.<ref>BaslerZeitung: [http://bazonline.ch/schweiz/standard/Bund-soll-Risiken-bei-AKW-senken/story/16154991 Bund soll Risiken bei AKW senken] vom 24. Juni 2015</ref>
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==Zwischen- und Endlagerung==
 
==Zwischen- und Endlagerung==
 
 
Die Schweiz besitzt seit 2000 ein zentrales Zwischenlager in Würenlingen (Zwilag), das alle Arten radioaktiven Mülls aufnehmen kann, dessen Kapazität aber für den radioaktiven Abfall, der beim Rückbau der Atomkraftwerke anfallen wird, nicht ausreicht. "Deshalb möchte die Nagra zwei Lager bauen: eines für schwach- und mittel radioaktive Abfälle und eines für hoch radioaktiven Atommüll".<ref>handelszeitung.ch: [http://www.handelszeitung.ch/politik/niemand-weiss-wohin-mit-dem-akw-muehleberg-muell-519362 Niemand weiss wohin mit dem AKW-Mühleberg-Müll] vom 31. Oktober 2013</ref>
 
Die Schweiz besitzt seit 2000 ein zentrales Zwischenlager in Würenlingen (Zwilag), das alle Arten radioaktiven Mülls aufnehmen kann, dessen Kapazität aber für den radioaktiven Abfall, der beim Rückbau der Atomkraftwerke anfallen wird, nicht ausreicht. "Deshalb möchte die Nagra zwei Lager bauen: eines für schwach- und mittel radioaktive Abfälle und eines für hoch radioaktiven Atommüll".<ref>handelszeitung.ch: [http://www.handelszeitung.ch/politik/niemand-weiss-wohin-mit-dem-akw-muehleberg-muell-519362 Niemand weiss wohin mit dem AKW-Mühleberg-Müll] vom 31. Oktober 2013</ref>
   
2003 hatte der Schweizer Bundesrat beschlossen, ein Auswahlverfahren für die Endlagersuche einzuleiten. 2006 berief das deutsche Bundesumweltministerium die "Expertengruppe Schweizer Tiefenlager“ (ESchT)" ein, die das Auswahlverfahren fachlich begleiten soll. Als Standortgebiete wählte der Schweizer Bundesrat 2011 die von der Nagra (Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle) vorgeschlagenen Tiefenlager aus: Jura Ost, Jura-Südfuss, Nördlich Lägern, Südranden, Wellenberg und Zürich Nordost.<ref>BfS: [http://web.archive.org/web/20141027112719/http://www.bfs.de/de/endlager/standortfindung/Escht.html Endlagerstandortsuche in der Schweiz] abgerufen am 11. Oktober 2013 (via WayBack)</ref>
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2003 hatte der Schweizer Bundesrat beschlossen, ein Auswahlverfahren für die Endlagersuche einzuleiten. 2006 berief das deutsche Bundesumweltministerium die "Expertengruppe Schweizer Tiefenlager“ (ESchT)" ein, die das Auswahlverfahren fachlich begleiten soll. Als Standortgebiete wählte der Schweizer Bundesrat 2011 die von der Nagra (Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle) vorgeschlagenen Tiefenlager aus: Jura Ost, Jura-Südfuss, Nördlich Lägern, Südranden, Wellenberg und Zürich Nordost.<ref>BfS: [http://web.archive.org/web/20141027112719/http://www.bfs.de/de/endlager/standortfindung/Escht.html Endlagerstandortsuche in der Schweiz] abgerufen am 4. September 2013 (via WayBack)</ref>
   
 
Im Oktober 2012 forderte die schweizerische SP einen Standort für ein oberirdisches Endlager oder die Prüfung eines Exports von Atommüll.<ref>NZZ Online: [https://www.nzz.ch/schweiz/sp-fordert-standort-fuer-oberirdisches-endlager-1.17680587 SP fordert Standort für oberirdisches Endlager] vom 14. Oktober 2012</ref> Im Juni 2012 wurde dem Ensi (dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat) vorgeworfen, bei der Suche nach einem Tiefenlager für Atommüll von der Nagra beeinflusst worden zu sein; es gäbe einen "Filz" zwischen Ensi und Nagra. Eine externe Untersuchung kam Ende November 2012 zum Ergebnis, dass Ensi grundsätzlich unabhängig arbeite. Die internen Abläufe bei Ensi sollen jedoch optimiert werden: Nagra soll künftig keine Berichte von Ensi mehr umschreiben dürfen.<ref>Aargauer Zeitung: [http://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/nagra-soll-in-zukunft-keine-ensi-gutachten-mehr-umscheiben-koennen-125722505 Nagra soll in Zukunft keine Ensi-Gutachten mehr umschreiben können] vom 3. Dezember 2012</ref>
 
Im Oktober 2012 forderte die schweizerische SP einen Standort für ein oberirdisches Endlager oder die Prüfung eines Exports von Atommüll.<ref>NZZ Online: [https://www.nzz.ch/schweiz/sp-fordert-standort-fuer-oberirdisches-endlager-1.17680587 SP fordert Standort für oberirdisches Endlager] vom 14. Oktober 2012</ref> Im Juni 2012 wurde dem Ensi (dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat) vorgeworfen, bei der Suche nach einem Tiefenlager für Atommüll von der Nagra beeinflusst worden zu sein; es gäbe einen "Filz" zwischen Ensi und Nagra. Eine externe Untersuchung kam Ende November 2012 zum Ergebnis, dass Ensi grundsätzlich unabhängig arbeite. Die internen Abläufe bei Ensi sollen jedoch optimiert werden: Nagra soll künftig keine Berichte von Ensi mehr umschreiben dürfen.<ref>Aargauer Zeitung: [http://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/nagra-soll-in-zukunft-keine-ensi-gutachten-mehr-umscheiben-koennen-125722505 Nagra soll in Zukunft keine Ensi-Gutachten mehr umschreiben können] vom 3. Dezember 2012</ref>
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Im April 2014 berichtete die "NZZ", dass sich das Verfahren für die Endlagersuche gegenüber dem bisherigen Zeitplan deutlich verzögern wird. 2014 wollte die Nagra Vorschläge für favorisierte Standorte einreichen, der Bundesrat sollte bis 2017 darüber urteilen. Nach einem provisorischen Standortentscheid 2020 soll der Bundesrat 2027 eine endgültige Entscheidung treffen. Das Lager für schwach- und mittelaktive Abfälle soll statt 2035 erst 2050 in Betrieb genommen werden, jenes für hochaktive Abfälle erst im Jahr 2060.<ref>nzz.ch: [http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/endlager-suche-dauert-laenger-als-geplant-1.18286127 Endlager-Suche dauert länger als geplant] vom 17. April 2014</ref>
 
Im April 2014 berichtete die "NZZ", dass sich das Verfahren für die Endlagersuche gegenüber dem bisherigen Zeitplan deutlich verzögern wird. 2014 wollte die Nagra Vorschläge für favorisierte Standorte einreichen, der Bundesrat sollte bis 2017 darüber urteilen. Nach einem provisorischen Standortentscheid 2020 soll der Bundesrat 2027 eine endgültige Entscheidung treffen. Das Lager für schwach- und mittelaktive Abfälle soll statt 2035 erst 2050 in Betrieb genommen werden, jenes für hochaktive Abfälle erst im Jahr 2060.<ref>nzz.ch: [http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/endlager-suche-dauert-laenger-als-geplant-1.18286127 Endlager-Suche dauert länger als geplant] vom 17. April 2014</ref>
   
Im April 2015 wurden zwei Standorte festgelegt, an denen Probebohrungen stattfinden sollen: "im Bereich Benken nordöstlich von Zürich, unweit von Schaffhausen und der badischen Gemeinde Jestetten" sowie "Jura/Ost im Kanton Aargau (...), gelegen südlich von Laufenburg im Bereich des Bözbergs". Nun soll 2022 der provisorische Standortentscheid fallen, und bis Mitte 2022 der Genehmigungsantrag für den Bau des Tiefenlagers vorliegen. Die Gesamtkosten für ein Endlagers werden auf 20 Mrd. Franken geschätzt.<ref>Badische Zeitung: [http://www.badische-zeitung.de/suedwest-1/schweiz-will-probebohrungen-fuer-endlagersuche-starten--103615677.html Schweiz will Probebohrungen für Endlagersuche starten] vom 20. April 2015</ref>
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Im April 2015 wurden zwei Standorte festgelegt, an denen Probebohrungen stattfinden sollen: "im Bereich Benken nordöstlich von Zürich, unweit von Schaffhausen und der badischen Gemeinde Jestetten" sowie "Jura/Ost im Kanton Aargau (...), gelegen südlich von Laufenburg im Bereich des Bözbergs". Nun soll 2019 der provisorische Standortentscheid fallen, und bis Mitte 2022 der Genehmigungsantrag für den Bau des Tiefenlagers vorliegen. Die Gesamtkosten für ein Endlagers werden auf 20 Mrd. Franken geschätzt.<ref>Badische Zeitung: [http://www.badische-zeitung.de/suedwest-1/schweiz-will-probebohrungen-fuer-endlagersuche-starten--103615677.html Schweiz will Probebohrungen für Endlagersuche starten] vom 20. April 2015</ref>
   
 
==Links==
 
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Version vom 28. August 2021, 07:11 Uhr

Atomenergie in Europa > Schweiz

Reaktoren in Betrieb: 4 • im Bau: - • stillgelegt: 2 [1][2]


Atomkraftwerke in der Schweiz

Limmatraum

Zürich (Schweiz)

Im November 1945 wurden nach einem Beschluss des Schweizer Parlaments eine Atomenergiekommission gegründet und 1946 ein Atomprogramm aufgesetzt. 1955 erwarb die Schweiz einen Forschungsreaktor namens SAPHIR in den USA und nahm diesen 1957 in Betrieb. 1957 wurde das Land ein Gründungsmitglied der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO).[3][4]

1959 wurde ein Forschungsreaktor in der Universität Basel vom Typ AGN-211-P in Betrieb genommen; Die Anlage ging 2015 außer Betrieb, die Brennelemente wurden in die USA gebracht.[5] 1960 wurde der Schwerwasserreaktor DIORIT mit Natururan im Forschungszentrum Würenlingen in Betrieb genommen, den die Schweiz eigenständig konstruiert hatte. Der Reaktor wurde 1977 stillgelegt.[3]

Einen schweren Unfall der INES-Stufe 5 erlebte die Schweiz 1969 mit ihrem unterirdisch errichteten → Schwerwasserreaktor Lucens, bei dem es zu einer teilweisen Kernschmelze kam. In der Folge nahm man von Eigenkonstruktionen Abstand und stieg auf Leichtwasserreaktoren um. Mit Beznau-1 und -2 gingen 1969 und 1972 die ersten kommerziellen Einheiten in Betrieb.

Heute liefern vier Reaktoren an drei Standorten Strom, die zum Teil schon seit über 40 Jahren betrieben werden.[1][2] Weitere geplante Projekte in Graben, Inwil, Kaiseraugust, Niederamt, Rheinklingen, Rüthi und Verbois wurden nicht realisiert.

Standorte mit aktiven Reaktoren:
Beznau
Gösgen
Leibstadt

Standorte mit stillgelegten Reaktoren:
Lucens
Mühleberg

Geplante, nicht gebaute AKW:
Graben
Inwil
Kaiseraugst
Niederamt
Rheinklingen
Rüthi
Verbois

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Seit 1992 betreibt das Land eine Anlage zur Erforschung der Kernfusion. → Tokamak à configuration variable (TCV)

Ausstiegsbeschluss 2011

Die Antiatombewegung hat in der Schweiz eine lange Tradition. Sie begann 1946 mit ersten Forderungen für ein Ende von Atomwaffen, setzte sich 1970 mit der Gründung des Nordwestschweizer Aktionskomitees gegen Atomkraftwerke (NWA) als organisierter Opposition fort und verhinderte aufgrund lokalen Widerstandes u.a. den Bau von Kaiseraugst und Graben.[6]

Nach der Fukushima-Katastrophe nahm die Akzeptanz für die Atomenergie in Bevölkerung und Politik deutlich ab. Schon wenige Tage später stoppte die Regierung drei Rahmenbewilligungsanträge für neue Atomkraftwerke. Dagegen gab es aber im März 2011 starke Vorbehalte von Seiten der bürgerlichen Parteien SVP und FDP.[7] Am 25. und 26. April folgten erste Demonstrationen in der Schweiz gegen die Atomkraft.[8][9] Am 6. Mai deckte die Schweizer Atomaufsicht Mängel an verschiedenen AKW auf.[10] Am 22. Mai fand im Aargau eine Großdemonstration gegen die Atomkraft statt.[11]

Am 25. Mai 2011 beschlossen Bundesrat und Nationalrat sowie am 28. September 2011 der Ständerat, schrittweise aus der Atomenergie auszusteigen. Die fünf laufenden Reaktoren sollten noch bis zum Ende ihrer Betriebsdauer Strom produzieren, neue Atomkraftwerke sollten aber nicht mehr gebaut werden. Im Einzelnen sollte laut diesem Beschluss Beznau-1 2019 vom Netz gehen, Beznau-2 und Mühleberg 2022, Gösgen 2029 und Leibstadt 2034.[12][13] Am 6. Dezember 2011 bestätigte der Schweizer Nationalrat den Ausstiegsbeschluss.[14] Für den Rückbau der Atomkraftwerke werden nach einer Schätzung von 2011 Kosten in Höhe von 20,6 Mrd. Franken anfallen.[15]

In einer Umfrage vom Mai 2014 stimmten 77 % der befragten Schweizer Bürger in einer Volksabstimmung für den Ausstieg aus der Atomkraft bis 2034.[16]

Revision des Atomausstiegs 2014

Gosgen nuclear

AKW Gösgen (Schweiz)

Im Dezember 2014 wurde der Ausstiegsbeschluss allerdings wieder weitgehend zurückgenommen: So sollen nur Beznau-1 und - 2 zu festen Terminen abgeschaltet werden: 2029 und 2031 nach 60 Jahren Betrieb. Die anderen Reaktoren sollen so lange laufen, wie sie die Aufsichtsbehörde ENSI für sicher hält.[17] De facto ist also fraglich, ob die Schweiz überhaupt aus der Atomkraft aussteigen wird.

Die Revision des Ausstiegsbeschlusses wird von Wohltaten für die Betreiber von Atomkraftwerken flankiert: Mussten diese bislang eine 1 Mrd. Franken für nukleare Schäden bei privaten Versicherungen abdecken, wurde diese Summe nun auf 500 Mio. Franken halbiert. Die entstehende Lücke übernimmt die Bundesregierung, sprich die Schweizer Bürger.[18]

Wie in Deutschland gibt es auch in der Schweiz die Befürchtung, dass die Atomkonzerne für Stilllegung und Entsorgung zu wenig Geld bereitstellen. Ende 2013 hätten im Fonds 11,5 Mrd. Franken enthalten sein sollen, die Atomindustrie habe aber laut Eidgenössischer Finanzkontrolle nur 5,3 Mrd. eingezahlt. Es bestehe das Risiko, dass der Bund die Differenz ausgleichen müsse. Während die Betreiber die Kosten insgesamt auf 20 Mrd. Franken schätzen, gehen Experten von einem wesentlich höheren Betrag aus.[19]

Forderungen nach früherer Abschaltung

Kkw muehleberg

AKW Mühleberg (Schweiz)

Seit dem Ausstiegsbeschluss 2011 gab es immer wieder Forderungen, vor allem die Altreaktoren Mühleberg und Beznau vorzeitig abzuschalten.[20]

Zumindest das AKW Mühleberg wurde im Dezember 2019 stillgelegt..

Die Abschaltung der beiden Altreaktoren in Beznau ist jedoch erst nach 60 Jahren Betrieb vorgesehen, obwohl Beznau-1 der älteste Reaktor der Welt ist und sich insbesondere seit 2007 die Zwischenfälle häufen. Wenigstens wurde 2011 der Bau eines dritten Reaktors gestoppt. → Beznau

Zwischen- und Endlagerung

Die Schweiz besitzt seit 2000 ein zentrales Zwischenlager in Würenlingen (Zwilag), das alle Arten radioaktiven Mülls aufnehmen kann, dessen Kapazität aber für den radioaktiven Abfall, der beim Rückbau der Atomkraftwerke anfallen wird, nicht ausreicht. "Deshalb möchte die Nagra zwei Lager bauen: eines für schwach- und mittel radioaktive Abfälle und eines für hoch radioaktiven Atommüll".[21]

2003 hatte der Schweizer Bundesrat beschlossen, ein Auswahlverfahren für die Endlagersuche einzuleiten. 2006 berief das deutsche Bundesumweltministerium die "Expertengruppe Schweizer Tiefenlager“ (ESchT)" ein, die das Auswahlverfahren fachlich begleiten soll. Als Standortgebiete wählte der Schweizer Bundesrat 2011 die von der Nagra (Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle) vorgeschlagenen Tiefenlager aus: Jura Ost, Jura-Südfuss, Nördlich Lägern, Südranden, Wellenberg und Zürich Nordost.[22]

Im Oktober 2012 forderte die schweizerische SP einen Standort für ein oberirdisches Endlager oder die Prüfung eines Exports von Atommüll.[23] Im Juni 2012 wurde dem Ensi (dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat) vorgeworfen, bei der Suche nach einem Tiefenlager für Atommüll von der Nagra beeinflusst worden zu sein; es gäbe einen "Filz" zwischen Ensi und Nagra. Eine externe Untersuchung kam Ende November 2012 zum Ergebnis, dass Ensi grundsätzlich unabhängig arbeite. Die internen Abläufe bei Ensi sollen jedoch optimiert werden: Nagra soll künftig keine Berichte von Ensi mehr umschreiben dürfen.[24]

Im Zusammenhang mit einem potenziellen Endlager in Tongestein führte die Nagra seit 2013 Versuche in einem unterirdischen Testlabor in St. Ursanne im Kanton Jura durch. Dabei stellte sich heraus, dass die ersten Eisenbehälter rosteten.[25]

Im April 2014 berichtete die "NZZ", dass sich das Verfahren für die Endlagersuche gegenüber dem bisherigen Zeitplan deutlich verzögern wird. 2014 wollte die Nagra Vorschläge für favorisierte Standorte einreichen, der Bundesrat sollte bis 2017 darüber urteilen. Nach einem provisorischen Standortentscheid 2020 soll der Bundesrat 2027 eine endgültige Entscheidung treffen. Das Lager für schwach- und mittelaktive Abfälle soll statt 2035 erst 2050 in Betrieb genommen werden, jenes für hochaktive Abfälle erst im Jahr 2060.[26]

Im April 2015 wurden zwei Standorte festgelegt, an denen Probebohrungen stattfinden sollen: "im Bereich Benken nordöstlich von Zürich, unweit von Schaffhausen und der badischen Gemeinde Jestetten" sowie "Jura/Ost im Kanton Aargau (...), gelegen südlich von Laufenburg im Bereich des Bözbergs". Nun soll 2019 der provisorische Standortentscheid fallen, und bis Mitte 2022 der Genehmigungsantrag für den Bau des Tiefenlagers vorliegen. Die Gesamtkosten für ein Endlagers werden auf 20 Mrd. Franken geschätzt.[27]

Links

Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI). Aufsichtsbehörde für die nukleare Sicherheit
Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra)


(LetzteÄnderung: 28.08.2021)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 IAEA: PRIS - CountryStatistics/Switzerland abgerufen am 26. August 2021
  2. 2,0 2,1 nzz.ch: Das AKW Mühleberg war einmal vom 20. Dezember 2019
  3. 3,0 3,1 IAEO: Country Nuclear Power Profiles/Switzerland abgerufen am 26. August 2021
  4. IAEO: Member States abgerufen am 26. August 2021
  5. admin.ch: Öffentliche Auflage des Stilllegungsprojekts der Universität Basel mit Gesuch vom 7. Februar 2017 betreffend Anordnung der Stilllegung des Forschungs - reaktors AGN - 211 - P vom 23. Mai 2017
  6. Historisches Lexikon der Schweiz: Antiatombewegung vom 23. Juli 2007
  7. FAZ.net: Volksabstimmung erwartet - Schweiz stoppt Antragsverfahren für AKWvom 14. März 2011 (via WayBack)
  8. NZZ Online: Marschieren für den Frieden und gegen Atomkraftwerke vom 25. April 2011
  9. NZZ Online: Menschenkette vor dem BKW-Hauptsitz vom 26. April 2011
  10. Südkurier: Schweizer Atomkraftwerke: Behörde deckt Sicherheitsmängel auf vom 6. Mai 2011
  11. NZZ Online: Anti-Atomkraft-Bewegung wird breiter vom 22. Mai 2011
  12. swissinfo.ch: Regierung will schrittweisen AKW-Ausstieg vom 25. Mai 2011
  13. Schweizer Fernsehen: Schweiz will neue Atomkraftwerke verbieten vom 28. September 2011 (via WayBack)
  14. NZZ Online: Nationalrat bekräftigt Ja zum Atomausstieg vom 6. Dezember 2011
  15. swissinfo.ch: Wenn ein Schweizer Atomkraftwerk abgeschaltet wird vom 16. November 2016
  16. srf.ch: Schweizer wollen laut Umfrage keine AKW vom 23. Mai 2014
  17. Berner Zeitung: Nationalrat sagt Nein zu Ausstiegsinitiative der Grünen vom 9. Dezember 2014 (via WayBack)
  18. photovoltaik.eu: Schweizer Bürger haften für Atomunfälle vom 22. Januar 2015
  19. BaslerZeitung: Bund soll Risiken bei AKW senken vom 24. Juni 2015
  20. Tagesanzeiger: Ein Geburtstagsgeschenk für AKW-Gegner vom 8. März 2012
  21. handelszeitung.ch: Niemand weiss wohin mit dem AKW-Mühleberg-Müll vom 31. Oktober 2013
  22. BfS: Endlagerstandortsuche in der Schweiz abgerufen am 4. September 2013 (via WayBack)
  23. NZZ Online: SP fordert Standort für oberirdisches Endlager vom 14. Oktober 2012
  24. Aargauer Zeitung: Nagra soll in Zukunft keine Ensi-Gutachten mehr umschreiben können vom 3. Dezember 2012
  25. SRF: Unterirdisches Testlabor für radioaktive Abfälle vom 20. September 2013
  26. nzz.ch: Endlager-Suche dauert länger als geplant vom 17. April 2014
  27. Badische Zeitung: Schweiz will Probebohrungen für Endlagersuche starten vom 20. April 2015