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Nachrichten von 1986

Datei:In Tschernobyl begann eine neue Zeitrechnung..jpg

"Nicht die Schnelligkeit der historischen Zeitläufte allein treibt uns um, sondern die Nachhaltigkeit ihrer Deutung. Nicht die bloßen Daten und Fakten, nicht die Millisievert des strahlenden Reaktors (...) zählen, sondern das, was sie eigentlich bedeuten. Nicht die Quantität der Informationen beschäftigt uns, sondern die Qualität; die historische Zäsur muss nicht bloß verbreitet, sondern zuallererst verstanden werden."[1]

  • Der Spiegel Du Perle im Sternbild des Atoms, Printausgabe 19/1986: "Noch in 2000 Kilometer Entfernung vom Katastrophenort knatterten die Geigerzähler tagelang: Radioaktiv verseuchte Luftmassen schoben sich über Europa. Viele Ängste sind berechtigt: Der Super-GAU von Tschernobyl hat die Propheten widerlegt, die das "Restrisiko" der Atomenergie allzu gering veranschlagten."
  • Der Spiegel Widrige Winde aus Ost-Südost, Printausgabe 19/1986: "Die Atomkatastrophe in der fernen Sowjet-Union hat das Regierungsmanagement der Bonner Koalition offengelegt: Nach Tagen der Verwirrung übten sich die Regierenden darin, die Bürger zu beschwichtigen und den vermeintlich besseren Sicherheitsstandard deutscher Atomtechnik zu preisen. Die Christliberalen müssen jetzt mit einer neuen Atomdebatte rechnen. Der Schnelle Brüter zu Kalkar steht zur Disposition."
  • Der Spiegel In Tschernobyl eine glühend aktive Zone, Printausgabe 21/1986: "Erst am 19. Tag nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl sprach Parteichef Gorbatschow zum verunsicherten Sowjetvolk. Bis dahin waren General-Sekretär und Politbüro weggetaucht, offenbar, weil noch kein Schuldiger gefunden werden konnte. Der Super-GAU machte die Kreml-Spitze handlungsunfähig."
  • Der Spiegel Atomenergie - Einstieg in den Ausstieg?, Printausgabe 21/1986: "Weitermachen oder umsteigen? Tschernobyl stürzte die Bundesrepublik in einen Streit über die Atomenergie, der tiefer geht als alles Vorangegangene. Die Reaktor-Katastrophe könnte zur Wendemarke werden: weg vom technischen Gigantismus der Atomkraft, hin zu einer Energie-Politik mit menschlichem Maß (...) Als der Reaktor verglühte, war es um die Unschuld der Atomindustrie geschehen (...) Mit zunehmendem Mißtrauen beobachteten die nuklearen Milliarden-Jongleure von RWE und der Siemens-Tochter KWU, von BBC und PreußenElektra, daß es zwischen Hamburg und München bei vollem Ernst so ablief wie in einem Schock-Szenario von Wolfgang Menge."
  • Der Spiegel SOWJET-UNION - Geheimste Tiefen, Printausgabe 22/1986: "Über die Ursache der Katastrophe in Tschernobyl und die Strahlenbelastung schweigen die sowjetischen Medien weiter. Statt dessen präsentieren sie jetzt Helden."
  • Der Spiegel Wie sie ihre Wut loswerden..., Printausgabe 22/1986: "Die "Pfingstschlacht" von Wackersdorf: brutale Chaoten, kopflose Polizisten Tschernobyl hat der westdeutschen Antikernkraftbewegung einen neuen Schub schlimmer Unterstützer zugeführt: junge Gewalttäter. Zu Pfingsten bekam das am Baugelände für die atomare Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf die bayrische Polizei zu spüren. Sie war weder personell noch taktisch in der Lage, die Tage dauernden Krawalle zu beenden, und warf am Ende Reizgasbomben unter friedliche Demonstranten."
  • Der Spiegel Kernkraft - Liebe, lache, kämpfe, Printausgabe 23/1986: "Kernkraftwerke sollen, nach Tschernobyl, auf ihre Sicherheit überprüft werden, Brokdorf geht vorerst nicht ans Netz. Atomgegner rüsten zu neuem Protest in der Wilstermarsch."
  • Der Spiegel Schluß mit dem atomaren Glücksspiel - Offener Brief des CDU-Mitglieds Franz Alt an Helmut Kohl, Printausgabe 23/1986: "Lieber Herr Bundeskanzler, ich höre in diesen Tagen Parteifreunde sagen, ohne Atomstrom kämen wir nicht mehr aus. Besitzen wir die Atomkraft, oder sind wir bereits besessen von ihr? Wenn wir die Geister, die wir riefen, nicht mehr loswürden, dann wäre dies die moralische Bankrotterklärung atomarer Politik. Der Diagnose atomarer Besessenheit liegt keine Verteufelung der Kernenergie zugrunde, aber die Erkenntnis unserer Lern- und Umkehrunfähigkeit."
  • Der Spiegel Kernenergie: Ausstieg so rasch wie möglich, Printausgabe 23/1986: "Der Reaktor-Unfall in der Ukraine hat die nukleare Welt in der Bundesrepublik durcheinandergeschüttelt. Sogar Christdemokraten erwägen eine Abkehr vom Atom. Erste Folgen: Der Schnelle Brüter von Kalkar hat kaum Chancen, ans Netz zu gehen. Und die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf wird vielleicht nie gebaut."
  • Der Spiegel TSCHERNOBYL - Schmutzige Flecken, Printausgabe 24/1986: "Wochen nach dem GAU in der Ukraine mußten abermals Zehntausende von Menschen evakuiert werden: In Bjelorußland wurden stark verstrahlte Regionen entdeckt."
  • Der Spiegel Sonne statt Kernkraft, Printausgabe 24/1986: "Als Exoten-Technik belächelt wurde lange Zeit die Nutzung der Sonnenenergie. Seit der Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl in der Ukraine jedoch haben die Solar-Experten Hochkonjunktur. Der Ausstieg aus der gefährlichen Kernkraft, so lehren sie, ist möglich: Die Gesellschaft kann ohne Komfortverzicht von den Kernkraftwerken auf Sonne und Energiesparen umsteigen."
  • Der Spiegel Lieber gleich durchs Minenfeld jagen, Printausgabe 25/1986: "Eng gedrängt und eingekesselt von der Polizei, mußten über 600 Kernkraftgegner bis zu zwölf Stunden auf einem Platz in Hamburg ausharren. Die Kesseltaktik der Polizei löste eine Senatskrise aus, Sozialdemokraten und Grüne, die sich an Verhältnisse in Diktaturen erinnert fühlen, fordern den Rücktritt des Innensenators."
  • Der Spiegel Tschernobyl nach dem GAU, Printausgabe 27/1986: "Die amtlichen Sowjet-Photos vom Katastropheneinsatz zeigen das Himmelfahrtskommando, den brennenden Reaktor mit 5000 Tonnen Sand, Blei, Bor und Dolomit zuzudecken - mehrere Piloten sollen dabei schwere Strahlenschaden erlitten haben, einige Hubschrauber abgestürzt sein. Als nach 16 Tagen der Super-GAU im Lenin-Kraftwerk Tschernobyl endlich unter Kontrolle stand, begann die Entseuchung der Schreckensstätte: Der Boden wird abgetragen und in einer Baugrube nebenan endgelagert. Das lebensgefährliche Unternehmen besorgen Männer in Drillich-Uniformen ohne militärisches Emblem, womöglich sind es - wie beim Säubern der Düsen in sowjetischen Atom-U-Booten üblich - Strafgefangene."
  • Der Spiegel Zwischen Himmel und Hölle - 900 Betriebsräte verteidigten in Dortmund die Atomenergie, Printausgabe 29/1986: "Nur nicht bange machen lassen, denn "mit der Kernkraft ist das wie mit einem Tauchsieder", sagt Konrad Prommersberger. "Man muß nur immer schön Wasser nachkippen, damit das Ding nicht durchbrennt." Und das, glaubt der ÖTV-Vorsitzende in Landshut, "werden wir ja wohl noch schaffen"."
  • Der Spiegel Terror: Da waren Superprofis am Werk, Printausgabe 29/1986: "Nach dem Bombenanschlag auf den Siemens-Manager Beckurts halten hohe Beamte des Bundeskriminalamtes eine weitere "Offensive der RAF und ihrer militanten Unterstützer" für denkbar. Während Polizeiexperten nach neuen Möglichkeiten des Personenschutzes suchen, nutzen rechte Unionspolitiker das Attentat auf den Atomforscher, um die nach Tschernobyl erstarkte Volksbewegung gegen Kernkraftwerke zu diskriminieren."
  • Der Spiegel TSCHERNOBYL - Geheime Grabkammer, Printausgabe 30/1986: "Aus dem beerdigten Reaktor dringt noch immer Strahlung, die Behörden haben die Folgen des Unfalls offenbar noch immer nicht voll im Griff. (...) In der ganzen 30-Kilometer-Sperrzone, so meldete Ende Mai Vizepremier Woronin, sinke die Radioaktivität täglich um fünf Prozent. Demnach wäre sie spätestens nach 20 Tagen verschwunden. Ausländer erfuhren einen Meßwert: In der neben dem Atommeiler gelegenen Ortschaft Pripjat zählte Anfang Juni der Vize-Direktor des Moskauer Kernenergie-Instituts, Legasow, zwischen 5 und 40 Millirem je Stunde - mindestens das 200fache des Normalen."
  • Der Spiegel Als gäb's nur Verbrecher und Terroristen, Printausgabe 31/1986: "Schlacht um die Kernkraft (II): Hat die Polizei die Krawalle von Brokdorf und Wackersdorf provoziert? "Polizeiliche Unfähigkeit und politische Berechnung" haben nach dem Urteil der Bonner Opposition die Juni-Krawalle in Brokdorf und Wackersdorf mitverursacht. Auch in Berichten von Geheimdienst- und Polizeiexperten werden die Verantwortlichen schwer beschuldigt: In der bayrischen Einsatzleitung habe ein "Chaos" geherrscht, Hubschrauber hätten selbst Verletzte "gezielt" mit völkerrechtswidrigen Gas-Granaten bombardiert."
  • Der Spiegel Angst vor dem politischen Super-Gau, Printausgabe 32/1986: "Schlacht um die Kernkraft (III): Mit Atomenergie in den Überwachungsstaat? Atomgegner gehen verstärkt mit einer neuen Strategie - "Alle Tage Sabotage" - in den Untergrund, das Bundeskriminalamt baut eine Spezialeinheit gegen Nuklear-Terroristen auf. Das Risikopotential der Atomwirtschaft, warnen Rechtswissenschaftler, werde die Bonner Politiker bald zu einer verschärften Gesinnungsschnüffelei und zur elektronischen Beschattung der Bundesbürger zwingen. Experten befürchten, daß der papierne Berstschutz der Verfassung dem Druck nicht standhalten könnte - droht ein "politisches Tschernobyl"?"
  • Der Spiegel Tschernobyl: Alles war noch viel schlimmer, Printausgabe 35/1986: "Der amtliche Untersuchungsbericht über den Tschernobyl-GAU enthüllt, daß alles noch viel schlimmer war: Der Reaktortyp ist unzuverlässig, Radioaktivität drang bis Leningrad und vor Moskau, die Knochenmark-Verpflanzung bei Strahlenopfern hat versagt. Die Regierung rechnet mit Folgen für 75 Millionen Sowjetbürger."
  • Der Spiegel Kernkraftwerke: Nachrüsten für den Tag X, Printausgabe 35/1986: "Kurswechsel in der Bonner Kernkraft-Politik: Alle 19 deutschen Atomreaktoren sollen mit Milliarden-Aufwand katastrophentauglich gemacht werden. Bislang galt, deutsche AKWs seien so sicher, daß nichts passieren könne. Nun soll Vorsorge getroffen werden - für den Fall, daß doch mal ein Reaktor durchgeht. (...) Wallmann muß nun darauf beharren, die deutschen Kraftwerke seien die sichersten der Welt - und gleichzeitig begründen, warum sie noch sicherer werden müssen."
  • Der Spiegel ZIVILSCHUTZ - Völlig unterkellert, Printausgabe 39/1986: "Das Reaktor-Unglück in Tschernobyl dient der Union dazu, ihre alten Bunkerbau-Pläne neu aufzulegen. (...) Weil sie es für unmöglich hält, "Zivilschutz zu betreiben", sprach sich auch die rot-grüne Mehrheit im Kasseler Stadtparlament Ende August "gegen die Instandsetzung und jeden Neubau öffentlicher Schutzräume und unterirdischer Hilfskrankenhäuser im Stadtgebiet" aus. Begründung: "Um allen die gleiche Chance zu geben", müßte die Bundesrepublik "völlig unterkellert werden"."
  1. Zeit Online: Glauben und Politik - Nur nicht zynisch! vom 24. April 2011
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