AtomkraftwerkePlag Wiki
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 31: Zeile 31:
   
 
Im Februar 2013 explodierte über der russischen Stadt Tscheljabinsk ein Meteorit, unweit von Majak. Wäre der Meteorit am Plutoniumlager in der Atomanlage Majak explodiert, wären die Folgen katastrophal gewesen.<ref>Deutschlandfunk: [http://www.dradio.de/dlf/sendungen/einewelt/2020268/ Gefahr aus dem All - Meteorit über Russlands Atomstädten] vom 23. Februar 2013</ref>
 
Im Februar 2013 explodierte über der russischen Stadt Tscheljabinsk ein Meteorit, unweit von Majak. Wäre der Meteorit am Plutoniumlager in der Atomanlage Majak explodiert, wären die Folgen katastrophal gewesen.<ref>Deutschlandfunk: [http://www.dradio.de/dlf/sendungen/einewelt/2020268/ Gefahr aus dem All - Meteorit über Russlands Atomstädten] vom 23. Februar 2013</ref>
  +
  +
==Majak möglicherweise Ursprung der Rutheniumwolke 2017==
  +
  +
2017 zog ein schwachradioaktive Wolke mit dem Element Ruthenium über Europa. Es erhob sich schnell der Verdacht, dass es einen Unfall in Russland, möglicherweise in Majak, gegeben hatte. Der russische Konzern [[ROSATOM]] dementierte. Im Juli 2019 bekräftigte ein internationales Wissenschaftlerteam, dass ein Unfall vertuscht werden sollte und Majak "wahrscheinlicher Kandidat" für den Urspung der Wolke war.<ref>Focus Online: [https://www.focus.de/politik/ausland/herbst-2017-forscher-lokalisieren-herkunft-der-atomwolke-ueber-europa-in-russland-und-bestaetigen-verdacht_id_10969423.html#commentFormbegin Vorfall im Herbst 2017 - Forscher lokalisieren Herkunft von Atomwolke über Europa – und bestätigen Verdacht] vom 27. Juli 2019</ref>
   
 
==Fernsehbeiträge==
 
==Fernsehbeiträge==

Version vom 28. Juli 2019, 06:21 Uhr

Atomenergie in Europa > Russland > Majak, ehemalige Sowjetunion 1957
Weitere Atomunfälle und Störfälle > Majak, ehemalige Sowjetunion 1957

29. September 1957 • Explosion eines Tanks, Freisetzung einer radioaktiven Wolke •
großflächige Kontamination • INES-Stufe 6 (Schwerer Unfall)[1]


Die Plutoniumfabrik Majak

Majak Satellitenkarte

Satellitenfoto/Karte der kerntechnischen Anlage Majak, der geschlossenen Stadt Osjorsk (Tscheljabinsk-65), dem AKW Süd-Ural etc.

1957 ereignete sich bereits ein erster großer Unfall bei der Nutzung der Atomenergie, der in seinen Ausmaßen mit den Katastrophen von Fukushima und Tschernobyl vergleichbar ist, aber erst 1989 öffentlich bekannt und bis heute nur selten in den Medien behandelt wurde.

Der Atomkomplex Majak, 15 Kilometer östlich der Stadt Kyschtym in der Oblast Tscheljabinsk an der Ostseite des südlichen Urals gelegen,[2] war 1945 wichtiger Bestandteil der Pläne Stalins, schnell waffenfähiges Plutonium herzustellen und den Rückstand der Sowjetunion bei nuklearen Waffen aufzuholen. 1948 wurde der erste Reaktor angeschaltet, 1949 die erste Atombombe gezündet, und Stalin hatte mit den USA gleichgezogen. In Majak ereigneten sich 235 radioaktive Störfälle mit schwerwiegenden Folgen für die Umwelt.[3] 1950-1956, noch vor dem schweren Unfall, wurden die 26.000 Bewohner der umliegenden Orte einer chronisch erhöhten Strahlung augesetzt, da sie das Wasser des Flusses Techa nutzten, in den radioaktive Abfälle aus Majak eingeleitet wurden.[4]

Informationen zu den zehn Reaktoren, die in Majak zur Plutoniumproduktion genutzt wurden, unter → Majak (Russland)

Verheimlichter GAU

Am 29. September 1957 explodierte auf dem Gelände der Atomfabrik ein Tank, der 80 Tonnen hochradioaktive Flüssigkeit – insbesondere mit den Isotopen Cäsium-137 und Strontium-90 – enthielt. Dabei wurden radioaktive Substanzen mit einem Volumen in die Atmosphäre geschleudert, das demjenigen der Tschernobyl-Katastrophe nicht nachstand. Eine radioaktive Wolke mit einer Länge von 300 km und einer Breite von 40 km zog nach Nordosten. 15.000 Menschen aus der Umgebung wurden ausgesiedelt und die betroffenen Orte zerstört, um eine heimliche Rückkehr unmöglich zu machen. Da die Plutoniumherstellung in der Atomfabrik nicht bekannt werden sollte, wurde der Unfall von der Sowjetunion verheimlicht. Die Produktion wurde ohne Pause fortgesetzt.

Bis 1952 war der in Majak angefallene hochradioaktive Atommüll in den Fluss Techa entsorgt worden, der zur Wasserversorgung von etwa 30.000 Menschen diente. Damit wurden auch das Vieh getränkt und die Felder bewässert. Später wurden die Abfälle in den künstlichen See Karatschai gekippt, der nach russischen Angaben vier Mio. Kubikmeter Grundwasser kontaminierte. Der See trocknete 1967 teilweise aus, woraufhin der Wind Staubwolken über das Land trieb.[5] Die aufgewirbelten, mit Cäsium-137 und Strontium-90 verseuchten Ufersedimente wurden auf einer Fläche von 1.800 km Quadratkilometer nördlich von Osjorsk verteilt. Die Strahlung erreichte 2,2 mal 10 hoch 14 Becquerel.[6][7]

Nach einer anderen Quelle mussten nach dem Unfall insgesamt 272.000 Menschen evakuiert werden.[8]

Die Explosion von Majak wurde in der INES-Skala in Stufe 6 (Schwerer Unfall) eingeordnet,[1] obwohl ihre Auswirkungen durchaus denen der Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima vergleichbar sind, die eine Stufe höher bewertet wurden.

Kontamination, Krankheiten und Bedrohung bis heute

Die Mediziner beobachteten die gesundheitlichen Folgen, erzählten den Betroffenen aber nichts davon. Viele Menschen starben an Leukämie, Infektionskrankheiten und einer Immunkrankheit, die "Tscheljabinsk-AIDS" genannt wurde. Nach einem Artikel des "Spiegel" lagerten 1993 in Majak immer noch Spaltprodukte mit "36 Trillionen Becquerel (oder rund 980 Millionen Curie) teils unter freiem Himmel, fast das Hundertfache der Strahlenaktivität, die bei der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl freigesetzt wurde." [9]

Im August 2010 rückte Majak noch einmal in das Bewusstsein der Öffentlichkeit, als aufgrund eines sich nähernden Feuers der Notstand über dem Gelände verhängt wurde. Majak ist nach wie vor eine der am schlimmsten kontaminierten Regionen der Erde, Schätzungen zufolge starben 150.000 Menschen infolge der Strahlung. 2010 wurde befürchtet, dass durch das Feuer radioaktive Substanzen in den kontaminierten Wäldern aufgewirbelt werden könnten.[10]

Noch im Dezember 2010 behauptete der russische Konzern Rosatom, der Atomunfall von Majak sei "nur "ein kleiner Zwischenfall" gewesen, der heute "keinerlei Bedrohung für die Bevölkerung" mehr darstelle."[11]

Im Februar 2013 explodierte über der russischen Stadt Tscheljabinsk ein Meteorit, unweit von Majak. Wäre der Meteorit am Plutoniumlager in der Atomanlage Majak explodiert, wären die Folgen katastrophal gewesen.[12]

Majak möglicherweise Ursprung der Rutheniumwolke 2017

2017 zog ein schwachradioaktive Wolke mit dem Element Ruthenium über Europa. Es erhob sich schnell der Verdacht, dass es einen Unfall in Russland, möglicherweise in Majak, gegeben hatte. Der russische Konzern ROSATOM dementierte. Im Juli 2019 bekräftigte ein internationales Wissenschaftlerteam, dass ein Unfall vertuscht werden sollte und Majak "wahrscheinlicher Kandidat" für den Urspung der Wolke war.[13]

Fernsehbeiträge

  • Der streng geheime erste Atom-Gau
    Ein Film "zur bestverschwiegenen Nuklearkatastrophe der Geschichte. In der sowjetischen Rüstungsanlage Majak (...) explodierte im September 1957 ein Tank mit hochradioaktivem Atommüll. Eine viertel Million Menschen wurden verstrahlt, und die Wahrheit vertuscht. (...) Noch heute lagert dort Atommüll mit einer Strahlenkonzentration, dagegen war Tschernobyl ein Spaziergang, sagen Insider. Und zwar ohne jegliche internationale Kontrolle." Quelle: Video
Der_streng_geheime_erste_Atom-Gau

Der streng geheime erste Atom-Gau

arte vom 20. August 2011

  • Atommülllager im russischen Majak
    "Die Bundesregierung plant einen Atommülltransport ins russische Majak. Der Müll kommt aus Dresden und soll in Majak aufbereitet und gelagert werden. Doch die Zustände in dem Ort am Ural sind katastrophal, Umweltschützer halten die Endlagerung des Mülls dort für unverantwortlich. In der Vergangenheit hat es bereits mehrere Unfälle in der Anlage gegeben, Radioaktivität ist ausgetreten. Die Landschaft ist großflächig verseucht, ebenso ein nahegelegener See. Es gibt auch ein Dorf nicht weit von der Anlage – bisher hat niemand gehört, wie es den Bewohnern geht."[14]
Atommülllager_im_russischen_Majak_Journal_Reporter

Atommülllager im russischen Majak Journal Reporter

DW-TV, Journal Reporter vom 28. November 2010


Weitere Links

→ FR Online: Südural - Das Endzeit-Land vom 15. Mai 2018
→ Heinrich Böll Stiftung: Video "Verseuchtes Land - die Atomfabrik Majak" vom 6. Dezember 2010
→ Wikipedia: Kerntechnische Anlage Majak
→ AtomkraftwerkePlag: Russland

(Letzte Änderung: 28.07.2019)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 IAEO: The International Nuclear and Radiological Event Scale (INES) abgerufen am 9. April 2017
  2. fas.org: Making the Russian Bomb from Stalin to Yeltsin (S. 65ff.) von 1995
  3. Welt Online: Der bestverschwiegene GAU der Geschichte vom 26. September 2007
  4. IAEO: EPIDEMIOLOGICAL ANALYSIS OF LATE CARCINOGENIC EFFECTS OF CHRONIC RADIATION EXPOSURE AMONG POPULATION IN THE URALS vom Juni 1998
  5. Süddeutsche.de: Der verheimlichte Super-Gau vom 28. September 2007 [Datum wurde von Süddeutsche.de nachträglich auf 19. Mai 2010 geändert]
  6. FAZ.net: Erster schwerer Atomunfall - Die Spur von Majak vom 29. September 2007
  7. Deutscher Bundestag: Radioaktive Altlasten in den Nachfolgestaaten der UdSSR und in Osteuropa (Drucksache 12/8410. S.5 und 7) vom 1. September 1994
  8. Welt Online: Fukushima ist ein Albtraum, aber kein Einzelfall vom 18. März 2011
  9. DER SPIEGEL 42/1993: Hiroschima im Birkenwald - SPIEGEL-Redakteurin Christiane Kohl über den Strahlentod im Ural vom 18. Oktober 1993
  10. n-tv.de: Notstand im Ural - Feuer nähert sich Atom-Anlage vom 9. August 2010
  11. Der Tagesspiegel: Grüne: Russischer Konzern spielt Atomunfall herunter vom 8. Dezember 2010
  12. Deutschlandfunk: Gefahr aus dem All - Meteorit über Russlands Atomstädten vom 23. Februar 2013
  13. Focus Online: Vorfall im Herbst 2017 - Forscher lokalisieren Herkunft von Atomwolke über Europa – und bestätigen Verdacht vom 27. Juli 2019
  14. Deutsche Welle Atommülllager im russischen Majak vom 28. November 2010