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Baubeginn: 18. Mai 1968/1. November 1969 • Inbetriebnahme: 5. Juni 1974/27. März 1978 •
Leistung: 880 und 959 MW •[1] Abschaltung: offen/28. März 1979
Kernschmelze und 10 Mio. Liter radioktives Wasser
Was am 28. März 1979 im Reaktor 2 des Atomkraftwerks Three Mile Island bei Harrisburg im Bundesstaat Pennsylvania geschah,[2] ist ein Beispiel dafür, wie leicht sich Atomunfälle durch ein Zusammenspiel kleiner technischer Defekte und menschlichen Versagens ereignen können, ohne dass dazu eine Naturkatastrophe nötig ist.
Aufgrund eindringender Feuchtigkeit hatten sich im Reaktor zwei Wasserpumpen automatisch abgeschaltet, woraufhin zwei Notpumpen ansprangen. Deren Wasserzufluss war aber wegen zweier Ventile blockiert, die man nach einer vorherigen Wartung nicht mehr wieder geöffnet hatte. Dies führte dazu, dass die Wärmeregulierung des Reaktors zusammenbrach, die Brennstäbe sich immer weiter erhitzten und es zu einer partiellen Kernschmelze kam.[3]
Die Techniker erhielten viele Alarmmeldungen, konnten aber die Schwere des Vorfalls nicht einschätzen. "Die Schalttafel war wie die blinkende bunte Kette eines Weihnachtsbaums", sagte einer der Techniker, die damals in Three Mile Island Dienst hatten."[4]
Betreiberfirma und Experten, die gegen eine mögliche Katastrophe kämpften, konnten die Kernschmelze nicht verhindern. "Als tonnenschwerer Sturzbach ergoss sich das weiß glühende Reaktorherz auf den Grund des Druckbehälters. Fast drei Viertel des Kerns aus 36.816 Brennstäben, gebündelt in 177 Brennelementen, waren bei Temperaturen nahe 2800 Grad geschmolzen." Aus bis heute unbekannten Gründen hielt der Druckbehälter jedoch. 144.000 Anwohner, die die die Umgebung verlassen hatten oder evakuiert worden waren, konnten zurückkehren.[3]
Der Vorfall wurde als ernster Unfall der INES-Stufe 5 kategorisiert.[5]
Dekontamination – nach 12 Jahren gescheitert
Ursprünglich war geplant, den Reaktor schon 1984 wieder ans Netz gehen zu lassen. Aber erst 1980 konnte der Reaktor wieder betreten werden, und die 1984 begonnenen Aufräumarbeiten mit 3.000 Fachkräften zogen sich über elf Jahre hin.[4] Das Hauptproblem bestand darin, dass ca. zehn Mio. Liter kontaminiertes Kühlwasser, die sich am Reaktorboden und den anderen Gebäuden angesammelt hatten, abgepumpt, dekontaminiert und zwischengelagert werden mussten.[6]
1993 wurden die Aufräumarbeiten, deren Kosten Greenpeace auf 2 Mrd. US-Dollar schätzte, wegen der hohen Verstrahlung eingestellt. Sie sollen erst nach Abschaltung des Reaktors 1 fortgesetzt werden. Für diesen wurde 2009 jedoch eine Laufzeitverlängerung auf 60 Jahre bis 2034 genehmigt. 2009 kam es zu einem Zwischenfall im Reaktor 1, bei dem 150 Arbeiter radioaktiv verstrahlt wurden.[7]
Die Kernschmelze im AKW Three Mile Island galt lange als größter Atomunfall der Geschichte, da zu dieser Zeit die Katastrophe von Majak noch nicht öffentlich bekannt war. In einem damaligen Artikel der "Zeit" wurde wie folgt resümiert: "Die Erinnerung an ihre Ratlosigkeit und Hilflosigkeit wird lange nachwirken. In Harrisburg schmolz nicht der Reaktorkern ab, wohl aber die Glaubwürdigkeit von Wissenschaft, Wirtschaft und Technik."[8] Eine Hoffnung, die sich nicht erfüllen sollte: Es wurden weiter Atomkraftwerke gebaut, und nur sieben Jahre später folgte die Tschernobyl-Katastrophe.
Zum Standort Three Mile Island
Der Reaktor Three Mile Island-2, der 1969 in Betrieb gegangen war, blieb nach dem Atomunfall von 1979 für immer vom Netz. Am Standort ist mit Three Mile Island-1 derzeit noch ein Druckwasserreaktor des Typs B&W (L-loop) und einer Leistung von 880 MW aktiv, der 1974 in Betrieb genommen wurde. Betreiber der Anlage ist die Exelon Generation Co., Llc.[1]
Im Juni 2011 wurde in den US-amerikanischen Medien berichtet, dass an 48 von 65 AKW-Standorten in den USA Tritiumlecks entdeckt wurden.[9] Nach einer Liste vom Juli 2014 war auch Harrisburg/Three Mile Island betroffen.[10]
→ Exelon: Three Mile Island (Informationen des Betreibers)
Fernsehbeiträge
- Harrisburg: Anwohner leiden noch immer unter Atomunfall
"Bis zur Atomkatastrophe in Japan war die teilweise Kernschmelze im US-Atomkraftwerk in Three Mile Island bei Harrisburg der zweitschwerste Nuklearunfall der Geschichte. (...) Seit dem damaligen Unfall wurde in den USA kein Atomkraftwerk mehr gebaut. Präsident Barack Obama will allerdings mehr auf Atomkraft setzen -- auch nach Fukushima. Diese Pläne spalten die Bevölkerung."
Quelle: afp
- wochenspiegel vom 8. April 1979
- Tagesschau vom 30. März 1979
- Sechsteilige Dokumentation zum Atomunfall in Harrisburg
Links
→ einestages.spiegel.de: Reaktorunglück Harrisburg - Das amerikanische Tschernobyl vom 25. März 2009
→ DER SPIEGEL 19/1979: REAKTOR-UNFALL - Wen's trifft vom 7. Mai 1979
→ Wikipedia: Kernkraftwerk Three Mile Island
→ AtomkraftwerkePlag: USA
(Letzte Änderung: 11.12.2014)
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 IAEO: PRIS - Country Statistics/United States of Amerika abgerufen am 3. Juli 2014
- ↑ einestages.spiegel.de: Reaktorunglück Harrisburg - Das amerikanische Tschernobyl vom 25. März 2009
- ↑ 3,0 3,1 Zeit Online: Alles unter Kontrolle vom 18. März 2009
- ↑ 4,0 4,1 Süddeutsche.de: USA: Atomunfall in Harrisburg 1979 - Chronik einer Kernschmelze vom 30. März 2011
- ↑ iaea.org INES - The international nuclear and radiological event scale abgerufen am 30. November 2014 (via WayBack)
- ↑ Neue Zürcher Zeitung: Aufräumarbeiten im havarierten Atomkraftwerk Fukushima Daiichi - Japan stemmt sich gegen das Trauma vom 6. März 2013
- ↑ Greenpeace: Der GAU in Harrisburg vom 28. März 2013
- ↑ Zeit Online: Ist die Zukunft schon vorüber? Das Atomdebakel von Harrisburg und seine Lehren vom 6. April 1979
- ↑ NBC News: Radioactive tritium leaks found at 48 US nuke sites vom 21. Juni 2011
- ↑ pbadupws.nrc.gov: List of Historical Leaks and Spills At U.S. Commercial Nuclear Power Plants vom 14. Juli 2014