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Atomenergie in Europa > Frankreich > Cattenom (Frankreich)
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Baubeginn: 1979/1980/1982/1983 • Inbetriebnahme: 1986/1987/1990/1991 • Leistung: 4 x 1.362 MW[1]
Abschaltung: offen


Unzureichend gesichert gegen Naturkatastrophen

Nuclear Power Plant Cattenom

AKW Cattenom, Frankreich

Das Atomkraftwerk Cattenom besteht aus vier Druckwasserreaktoren vom Typ P4 REP 1300 mit einer Leistung von je 1.362 MW, die 1986/1987/1990/1991 in Betrieb genommen wurden. Er liegt in der Region Lothringen nördlich von Thionville an der Mosel und ist nur zwölf Kilometer von der deutschen und neun Kilometer von der luxemburgischen Grenze entfernt.[1][2][3] Wegen der Grenznähe, der häufigen Pannen und der schlechten Sicherheitsstandards fordern Rheinland-Pfalz, das Saarland und Luxemburg immer wieder die Abschaltung des Atomkraftwerks.[4]

Nach einer Studie des französischen Instituts für Nuklearsicherheit von 2011 ist Cattenom wie alle anderen französischen Atomkraftwerke nicht ausreichend gegen Naturkatastrophen geschützt. Laut dem vom Saarland, von Rheinland-Pfalz und von Luxemburg beauftragten Beobachter des AKW-Stresstests, Dieter Majer, drohen vor allem aufgrund von Erdbebenab Stärke 5,4 oder Überflutung des oberhalb gelegenen Stausees große Gefahren. Weitere  Risiken sind Flugzeugabstürze oder terroristische Angriffe.[5]

Im Juli 2012 machte es die französische Atomaufsicht der EDF zur Auflage, Motorpumpen für die Wasserzufuhr der Abklingbecken auszutauschen, da diese nicht robust genug im Falle einer Überhitzung der Brennmaterialien seien. Dies betrifft die Atomkraftwerke Cattenom, Belleville, Flamanville, Paluel und Saint-Alban.[6]

Ab 2015 sollen in Cattenom, wie in anderen französischen Atomkraftwerken, Überwachungs- und Steuerungssysteme modernisiert werden. Gesamtkosten für alle betroffenen Anlagen: 600 Mio. Euro.[7]

Reihenweise Pannen und Störfälle

Im Mai 2001 wurde ein konstruktionsbedingter Mangel bei Ventilen festgestellt, der als Störfall der INES-Stufe 2 klassifiziert wurde. "Nach Aussage von EDF-Ingenieuren kann das bestimmungsgerechte Öffnen einiger Ventile von Umwälzkreisläufen nicht in jedem Fall garantiert werden. Dies könnte das Verhalten der Notkühlsysteme während eines Unfalls beeinträchtigen." Betroffen waren die AKW Belleville, Cattenom, Golfech, Nogent und Penly.[8]

Nach einem Informationsblatt der Bürgerinitiative "Cattenom Non Merci" haben sich im AKW Cattenom von 2002 bis 2012 über 800 meldepflichtige Ereignisse ereignet.[9] Als Störfälle wurden z. B. die Freisetzung von kontaminiertem Wasser im Containment am 17. Februar 2002 (INES-Stufe 1)[10] eingestuft und das Fehlen eines Bauteils, aufgrund dessen das Lagerbecken der Brennelemente der Reaktoren 2 und 3 hätte leerlaufen können. Dies wurde zufällig am 18. Januar 2012 entdeckt (INES-Stufe 2).[11]

→ mwkel.rlp.de:  Ausgewählte Ereignisse KKW Cattenom (2012-2014)

Am 16. Mai 2005 wurde in Cattenon-2 wegen eines qualitativ minderwertigen Kabels ein Brand ausgelöst, der das Sicherheitssystem beschädigte.[12]

Im September 2012 wurde der Reaktor aufgrund des Ausfalls einer Pumpe im Kühlkreislauf abgeschaltet.[13] Während der Wiederinbetriebnahme des AKW im Oktober 2012 ist radioaktiver Dampf aus dem Hauptkühlmittelkreislauf ausgetreten.[14] Im Juni 2013 brannte auf dem AKW-Gelände ein Generator, worauf sich der Reaktor 1 automatisch abschaltete. Die Regierungen von Saarland und Rheinland-Pfalz forderten Aufklärung und eine Stilllegung des AKW.[15] Im Juli 2013 liefen aus einem Leck in einem Tank 58 Kubikmeter Salzsäure in die Mosel und in den Boden. Die Atomaufsichtsbehörde ASN ließ sich drei Wochen Zeit, bis sie den Vorfall bekannt gab.[16]

Nach Monate langen Reparaturanlagen wurde Cattenom 1 nur kurz wieder in Betrieb genommen und am 22. Dezember 2013 wegen ungewöhnlich hohen Luftverbrauchs im Reaktorgebäude schon wieder heruntergefahren. Es wurden neue Instandsetzungsarbeiten angekündigt.[17]

2013 gab es sieben Störfälle der INES-Stufe 1. Von der Atomaufsicht wurde kritisiert, dass Strahlenschuztrichtlinien nicht beachtet und das Personal unzureichend gegen mögliche Strahlung geschützt wurden.[18]

Im Mai 2014 wurden zehn Mitarbeiter bei einem Zwischenfall "leicht verstrahlt", im Juni 2014 vier weitere Mitarbeiter bei Reparaturarbeiten.[19]

Am 7. Juni 2014 brannte ein Transformator im AKW, woraufhin sich Cattenom-1 automatisch abschaltete. Wie immer, so die EDF, bestand keine Gefahr für die Bevölkerung. Rheinland-Pfalz und das Saarland forderten die sofortige Abschaltung.[20]

Laufzeit bis 2045

In Frankreich wird eine Abschaltung des Atomkraftwerks bislang strikt abgelehnt.

Der Betreiber EDF (Électricité de France) argumentiert mit der nachhaltigen Entwicklung Lothringens, die das AKW unterstütze, und der ökologischen Verantwortung, der man mit dem Betrieb des AKW gerecht werde (die Senkung von CO2-Emissionen).[21]

Auch von der Politik ist keine Unterstützung für eine Stilllegung zu erwarten.

Patrick Weiten, Präsident des Mosel-Départements, erklärte im September 2013, dass Cattenom auf keinem Fall abgeschaltet werden solle, da es eine der jüngsten Anlagen sei. Im Gegenteil solle die Laufzeit des AKW Cattenom bis 2045 verlängert und dieses durch eine Investition von 3,5 Mrd. Euro darauf vorbereitet werden. 2.000 zusätzliche Techniker sollen eingestellt werden.[22]

Da Frankreich eine Abschaltung des Pannen-AKW rigoros ablehne, schlug Roland Theis, der Vorsitzende der Katastrophenschutzkommission des Interregionalen Parlamentarierrates, andere Möglichkeiten der Einflussnahme vor: Deutschland könne beispielsweise mit Frankreich mit dem Ziel erhöhter Sicherheit verhandeln und für die Energiewende zu werben.[23]

Weitere Links

→ ingmar schumacher: International nuclear conflicts: Example of Cattenom, France vom 16. November 2013
→ EDF: Centrale nucléaire de Cattenom (Homepage des AKW)
→ Deutscher Bundestag: Zwischenfälle im französischen Atomkraftwerk Cattenom vom 25. August 2010
Internationales Aktionsbündnis gegen Cattenom (Homepage)
Cattenom Non Merci e.V. (Bürgerinitiative)
→ Wikipedia: Kernkraftwerk Cattenom

(Letzte Änderung: 04.12.2014)

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 IAEO: PRIS - Country Statistics/France
  2. WNA Reactor Database: Cattenom-1, France abgerufen am 17. September 2014
  3. Wikipedia: Kernkraftwerk Cattenom abgerufen am 17. September 2014
  4. Frankfurter Neue Presse: Pannenserie in französischem Atommeiler vom 10. Februar 2012
  5. volksfreund.de: Vernichtender Mängelbericht für Cattenom vom 28. November 2011
  6. SaarKurier Online: Im Atomkraftwerk Cattenom wurde Produktionseinheit 3 abgeschaltet vom 30. Juli 2012
  7. nuklearforum.ch: Areva rüstet 1300-MW-Baureihe der EDF nach vom 15. Dezember 2011
  8. nuklearforum.ch: Ventilprobleme in fünf französischen Kernkraftwerken vom 1. Mai 2001
  9. Cattenom Non Merci: Informationsblatt zum Atomkomplex Cattenom abgerufen am 28. November 2013
  10. asn.fr: Réacteur n°1 Arrêt manuel et fuite du circuit primaire vom 17. Februar 2002
  11. Focus Online: Störfall in französischem Atommeiler Cattenom vom 6. Februar 2012
  12. tagesschau.de: Kosten von Atomunfällen - Fukushima, Tschernobyl und viele andere vom 11. März 2014
  13. tageblatt.lu: Neue Panne in Cattenom vom 12. September 2012
  14. Tageblatt Online: Leck in französischem AKW vom 25. Oktober 2012
  15. n-tv.de: Deutsche Anrainer fordern Abschaltung - Brand in AKW Cattenom sorgt für Unruhe vom 7. Juni 2013
  16. tageblatt.lu: AKW-Salzsäure läuft in die Mosel vom 16. August 2013
  17. Wochenspiegel: AKW Cattenom: Störung im Reaktor 1 vom 30. Dezember 2013
  18. tageblatt.lu: Schlechter Strahlenschutz in Cattenom vom 16. April 2014
  19. SR-Online: Erneut Arbeiter in Cattenom verstrahlt vom 6. Juni 2014
  20. Spiegel Online: Panne in Cattenom: Atomkraftwerk nach Brand abgeschaltet vom 7. Juni 2014
  21. EDF: Eclairage 2011 - Bericht über nachhaltige Entwicklung des KKW Cattenom vom 15. Oktober 2012
  22. Tageblatt Online: AKW Cattenom bleibt bis 2045 vom 24. September 2013
  23. SR-online: Mehr Sicherheit statt Abschaltung fordern vom 30. Dezember 2013
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