AtomkraftwerkePlag Wiki
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 1: Zeile 1:
 
==Atomenergie: 50 verlorene Jahre==
 
==Atomenergie: 50 verlorene Jahre==
Die Atomenergie hat die politische und wirtschaftliche Realität in Deutschland und Europa Jahrzehnte lang mitgeprägt. Erst wenn man sich dies bewusst macht, versteht man, weshalb dem [[Atomausstieg in Deutschland|Atomausstieg]] solch intensiver Widerstand aus Politik und Wirtschaft gegenübersteht. Es war genug Zeit da, um eine hartnäckige [[Die Atomlobby|Atomlobby]] mit entsprechenden Beharrungskräften zu erzeugen und zu erhalten. Zugleich warf die Atomenergie die Nutzung der erneuerbaren Energien und die dafür nötige technische Entwicklung um 50 Jahre zurück.
+
[[Datei:Snapshots_from_-pc11_-_VI.jpg|thumb|248px|Bonner Wasserwerk (Plenarsaal des Bundestages 1986-92)]]Die Atomenergie hat die politische und wirtschaftliche Realität in Deutschland und Europa Jahrzehnte lang mitgeprägt. Erst wenn man sich dies bewusst macht, versteht man, weshalb dem [[Atomausstieg in Deutschland|Atomausstieg]] solch intensiver Widerstand aus Politik und Wirtschaft gegenübersteht. Es war genug Zeit da, um eine hartnäckige [[Die Atomlobby|Atomlobby]] mit entsprechenden Beharrungskräften zu erzeugen und zu erhalten.
   
  +
Zugleich warf die Atomenergie die Nutzung der erneuerbaren Energien und die dafür nötige technische Entwicklung um 50 Jahre zurück.
==Erste Anfänge==
 
   
  +
==Phasen der Atompolitik==
Den technisch entscheidenden Anstoß zur Nutzung der Kernenergie hatte 1938 Otto Hahn im Deutschen Reich durch die '''Entdeckung der Kernspaltung''' gegeben. Wohl als Reaktion darauf wurden alle Kernphysiker in Berlin zusammengerufen. "Der deutsche '''"Uran-Verein"''' wurde erst gut vier Monate später, kurz nach Kriegsausbruch, in Berlin gegründet. (...) Die Wissenschaftler sollten die zahllosen Probleme erforschen, die beim Bau eines Kernreaktors zur Atomenergiegewinnung bewältigt werden mußten."
 
  +
::→ [[Erste Anfänge in den 30er und 40er Jahren]]
 
  +
::→ [[Die Atomeuphorie der 50er und 60er Jahre]]
Da aber Material von der erforderlichen Reinheit noch nicht hergestellt werden konnte und eine militärische Anwendung nicht absehbar war, wurde das Projekt 1942 "aus der Zuständigkeit des Heereswaffenamtes in die des Reichsforschungsrates entlassen. Dort sollte es als reines Forschungsvorhaben weiterbetrieben werden." Das politische Interesse im Deutschen Reich war gering.<ref>DER SPIEGEL 20/1957: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41757474.html ... UND FÜHRE UNS NICHT IN VERSUCHUNG] vom 15. Mai 1957</ref>
 
  +
::→ [[AKW-Boom und Proteste in den 70er bis 90er Jahren]]
 
  +
::→ [[Drei Ausstiege seit 1998]]
Mehrere Forschergruppen arbeiteten während des Krieges unabhängig voneinander an der Entwicklung eines '''Schwerwasserreaktors'''. Jedoch stand nicht genug schweres Wasser zur Verfügung, weswegen auch der im Frühjahr 1945 fertiggestellte Reaktor im schwäbischen Haigerloch nicht in Betrieb genommen werden konnte.<ref>Joachim Radkau & Lothar Hahn: Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft. oekom, München 2013, S. 26.</ref>
 
  +
::→ [[Atompolitik in der ehemaligen DDR]]
 
[[Datei:Bundesarchiv_Bild_183-1986-0310-501,_Werner_Heisenberg.jpg|thumb|200px|Werner Heisenberg, 1940]]
 
Statt dessen wurde die weitere Entwicklung in den Vereinigten Staaten vorangetrieben. Als die USA, die sich in einem Wettlauf mit Deutschland um die Atombombe gewähnt hatte, bei Kriegsende Nachforschungen einleitete, wurde festgestellt, dass das deutsche Atomprogramm falsch eingeschätzt worden war. "Der "Uranverein" unter Leitung des Physik-Nobelpreisträgers Werner Heisenberg hatte, so die gängige Meinung unter Historikern, nicht die Entwicklung einer Atomwaffe im Sinn. Hauptziel der Wissenschaftler vom Kaiser-Wilhelm-Institut war ein Kernreaktor mit einer selbsterhaltenden nuklearen Kettenreaktion - ähnlich wie sie in modernen Atomkraftwerken stattfindet." Davon war man aber weit entfernt, und es war auch nicht gelungen, Plutonium herzustellen, wie spätere Untersuchungen ergaben.<ref>Spiegel Online: [http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/nuklear-forensik-heisenberg-wuerfel-verraet-details-ueber-hitlers-atomprogramm-a-614227.html Nuklear-Forensik "Heisenberg-Würfel" verrät Details über Hitlers Atomprogramm] vom 19. März 2009</ref>
 
 
Für den wahrscheinlich ersten Reaktorunfall der Geschichte hat es aber doch noch gereicht. Am 23. Juni 1942 detonierte in der Leipziger Innenstadt der Mini-Forschungsreaktor, eine 80 cm große Aluminiumkugel mit 750 kg Uran zur Neutronenvermehrung, mit dem das Team um Werner Heisenberg experimentiert hatte. Die Leipziger Feuerwehr brauchte zwei Tage, um den Brand des radioaktiven Materials zu löschen; das Uran war nicht angereichert, aber alle Beteiligten waren ungeschützt und dürften giftige Dämpfe eingeatmet haben.<ref>ndr.de: [http://www.mdr.de/echt/atomunfall100.html Echt! - Der Leipziger Reaktor-Unfall von 1942] vom 6. November 2012. Fernsehbeitrag war am 23. Oktober 2012, 21.15 bis 21.45</ref> Eine Beschreibung des Unfalls aus dem Jahre 1942 ist als Faksimile erhalten geblieben: Deutsches Museum: [http://www.deutsches-museum.de/archiv/archiv-online/geheimdokumente/forschungszentren/leipzig/unfaelle Beschreibung zweier Unfälle mit Uranoxid, 1941 bzw. 1942]
 
 
==Die Atomeuphorie der 50er und 60er Jahre==
 
Die Nutzung der Atomkraft als Energiequelle begann 1951 in den USA und wurde als historischer Moment gefeiert. "Denn an diesem 20. Dezember 1951 war im Experimental Breeder Reactor Number 1 bei Arco im US-Bundesstaat Idaho, mitten im amerikanischen Kartoffelland, zum ersten Mal Atomstrom in einem Reaktor erzeugt worden. Die vier brennenden Glühbirnen auf der Wäscheleine markierten den Beginn eines neuen Zeitalters." In der Folge träumte man weltweit den Traum vom "Goldenen Atomzeitalter".<ref>Zeit Online: [http://www.zeit.de/2006/38/A-Atompolitik Das atomare Glück] vom 14. September 2006</ref>
 
 
[[Datei:Atomic Alert (1951) Elementary Version|thumb|right|250 px|Explains steps to take in case of an atomic bomb alert or a bombing without warning at school, in the open or at home. Gives simple explanation of nuclear fusion. (Quelle: YouTube)]]
 
Mitte der 50er Jahre wurden auch in Europa und in Deutschland die Grundlagen für die Atompolitik geschaffen, an denen sich die Politik der folgenden Jahrzehnte orientierte.
 
 
Als Auftakt für die friedliche Nutzung der Atomenergie gilt die Genfer UNO-Konferenz vom August 1955. "Die Genfer Konferenz war Teil der Strategie von US-Präsident Dwight D. Eisenhower. Die Detonation der ersten russischen Atombombe im Jahre 1949 hatte die USA schwer schockiert. Sein Plan: Er wollte die Welt zum Verzicht auf die Atombombe bewegen und ihr als Gegenleistung ein großartiges Geschenk machen – Atoms for Peace, die "friedliche Nutzung der Kernenergie"."<ref name="Fieberwahn">greenpeace magazin: [http://www.greenpeace-magazin.de/index.php?id=5290 Im nuklearen Fieberwahn - greenpeace magazin 2.05 - Wie das Atom der Welt - und uns - den Kopf verdrehte]</ref> Infolge der Atomkonferenz wurden 1957 [[Der Euratom-Vertrag|Euratom]] und die [http://de.atomkraftwerkeplag.wikia.com/wiki/Die_Lobbyorganisationen#Internationale_Atomenenergie-Kommission_.28IAEO.2C_englisch:_IAEA.29 Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO)] gegründet.
 
 
Mitte der 50er Jahre glaubte man, mit dem Anbruch des "Atomzeitalters" könnten alle Energieprobleme der Menschheit mit einem Schlag gelöst werden. Man träumte von nuklearen Flugzeug- und Lokomotivantrieben und "Baby-Reaktoren" als Heizungen für Häuser. Mit der Atomenergie sollte sogar die Entsalzung des Meerwassers, die Begrünung  der Wüsten und die Erwärmung der Polargebiete gelingen.<ref>Joachim Radkau & Lothar Hahn: Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft. oekom, München 2013. S. 56ff.</ref><br />
 
 
===Adenauer und Strauß möchten den Rückstand aufholen===
 
[[Datei:Konrad_Adenauer.png|thumb|200px|Konrad Adenauer]]
 
Die deutsche Politik konnte die allgemeine Atombegeisterung bis Mitte der 50er Jahre zunächst nur als Zuschauer teilen, da die Alliierten Deutschland von der Atomforschung ausgeschlossen hatten. Dies änderte sich erst 1955 mit der Unterzeichnung der Pariser Verträge und der Erlangung einer begrenzten Souveränität.<ref name="Zeit 2010_10_01">Zeit Online: [http://www.zeit.de/2010/40/Atomenergie-Stromkonzerne Atomenergie Aufbruch ins Wunderland] vom 1. Oktober 2010</ref> Nun war die Möglichkeit da, den technischen Rückstand, in dem man sich wähnte, aufzuholen.
 
 
Nachdem mehrere Atomforscher um Werner Heisenberg bereits seit 1951 gefordert hatten, in die die friedliche Nutzung der Atomkraft einzusteigen, einigte man sich nun darauf, an die im Deutschen Reich durch Heisenberg begonnene Linie der Schwerwasserreaktoren mit Natururan anzuknüpfen. Man hoffte, damit auf den Import von angereichertem Uran, das für die  Leichtwasserreaktoren in den USA und Großbritannien benötigt wurde, unabhängig bleiben zu können. Die Farbwerke Hoechst unter Karl Winnacker, die sich hohen Absatz erhofften, bauten daraufhin eine Versuchsanlage für Schwerwasserproduktion. Ein Irrweg, denn die Zukunft gehörte schließlich den Leichtwasserreaktoren. Gegen den Protest von Heisenberg, der München präferierte, setzte Konrad Adenauer Karlsruhe als Standort für ein Reaktorzentrum durch, woraufhin sich Heisenberg aus der Reaktorforschung zurückzog.<ref>Joachim Radkau & Lothar Hahn: Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft. oekom, München 2013. S. 27, 29, 32f., 38.</ref>
 
 
Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) gründete 1955 das "Bundesministerium für Atomfragen", das nach mehreren Umbenennungen heute den Namen "Bundesministerium für Bildung und Forschung" trägt und die Entwicklung der Atomenergie in den 50er und 60er Jahren forcierte. Als erster Atomminister wurde Franz Josef Strauß (CSU) berufen, der das Amt allerdings nur ein Jahr ausübte und 1956 von Siegfried Balke abgelöst wurde.<ref>Zeit Online: [http://www.zeit.de/2006/38/A-Atompolitik Zeitläufte - Das atomare Glück] vom 14. September 2006</ref>
 
 
[[Datei:Verteidigungsminister_Franz_Josef_Strauß.jpg|thumb|200px|Franz Josef Strauß]]
 
Texte von Franz Josef Strauß aus dieser Zeit atmen ganz den fortschrittsgläubigen Geist der 50er Jahre:
 
*21. Oktober 1955: "Es geht darum, dass der etwa 10-jährige Rückstand, den die Bundesrepublik Deutschland in der Ausnutzung der Atom-Energie für friedliche Zwecke hat, im möglichst geringer Zeit eingeholt wird. (...) Ich bin persönlich der Überzeugung (...), dass die Ausnutzung der Atomenergie für wirtschaftliche und kulturelle Zwecke, wissenschaftliche Zwecke, denselben Einschnitt in der Menschheitsgeschichte bedeutet wie die Erfindung des Feuers für die primitiven Menschen."<ref>fjs.de: [http://www.fjs.de/dokumente/politiker/NLStraussZA_1955_1.pdf Manuskriptfassung eines Interviews des Norwestdeutschen Rundfunks mit Franz Josef Strauß vom 21. Oktober 1955]</ref>
 
*26. Januar 1956: "Wir sind uns der Tatsache bewußt, daß wir einen 10 bis 15jährigen Rückstand gegenüber USA, Großbritannien, der Sowjetunion und anderen Ländern aufzuholen haben. (...) Es ist ohne Zweifel eine Tragik in der Geschichte der Menschheit, daß der Begriff Atom nicht als heilende und helfende Kraft, sondern zuerst als Faktor von unvorstellbarer Zerstörungswirkung zum Bewußtsein der Allgemeinheit gekommen ist."<ref>fjs.de: [http://www.fjs.de/dokumente/politiker/Atomkommission_Rede.pdf Rede anlässlich der Konstituierung der Deutschen Atomkommission vom 26. Januar 1956]</ref>
 
Prophetische Worte, wenn man an die Zerstörungskraft der Atomenergie bei den Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima denkt. 
 
 
Adenauer und Strauß zielten allerdings weniger auf die friedliche Nutzung der Atomkraft für die Energieerzeugung, sondern auf die Produktion von Plutonium für militärische Zwecke ab, auch wenn dies nicht öffentlich zugegeben wurde.<ref>Joachim Radkau & Lothar Hahn: Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft. oekom, München 2013. S. 120f.</ref> Es war eine atomare Bewaffnung der Bundeswehr vorgesehen. "Um die Bedeutung der Nuklearwaffen vor den ängstlichen Deutschen herunterzuspielen, nannte Adenauer in einer Pressekonferenz am 5. April 1957 die taktischen Atomwaffen "nichts weiter als die Weiterentwicklung der Artillerie"."<ref>einestages.spiegel.de: [http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/83/aufstand_der_atomforscher.html Adenauers Atompolitik - Aufstand der Atomforscher] vom 10. April 2007</ref>
 
 
Auch die '''SPD''' war zu jener Zeit zutiefst von der Atomeuphorie ergriffen: Der Abgeordnete Ratzel warnte davor, "dass die Deutschen zu einem "atomar unterentwickelten Volk" würden". Leo Brandt schwärmte auf dem SPD-Parteitag 1956 vom "Urfeuer des Universums", und im SPD-Atomplan wurde die Atomenergie als "Segen" für die unterentwickelten Länder angesehen.<ref name="Fieberwahn"/> Im "Godesberger Programm", dem Grundsatzprogramm der SPD von 1959, heißt es in der Präambel: "Das ist der Widerspruch unserer Zeit, daß der Mensch die Urkraft des Atoms entfesselte und sich jetzt vor den Folgen fürchtet (...). Aber das ist auch die H o f f n u n g dieser Zeit, daß der Mensch im atomaren Zeitalter sein Leben erleichtern, von Sorgen befreien und Wohlstand für alle schaffen kann, wenn er seine täglich wachsende Macht über die Naturkräfte nur für friedliche Zwecke einsetzt".<ref>spd.de: [http://www.spd.de/linkableblob/1816/data/godesberger_programm.pdf Godesberger Programm] abgerufen am 3. Februar 2013</ref>
 
 
Die Atomeuphorie der deutsche Politik stieß auf '''Widerstand bei den großen Stromversorgern'''. Diese wehrten sich zunächst vehement gegen die neuen Kraftwerke, da sie unkalkulierbare Kosten fürchteten und aufgrund der Nutzung von Steinkohle und Erdöl keinen Bedarf dafür sahen. "Auch auf den Weltenergiekonferenzen hatten noch Anfang der 50er Jahre nicht das Atom, sondern Wasserkraft, Solar-, Wind- und Gezeitenenergie als unerschöpfliche Energiequellen die Experten fasziniert. Historisch betrachtet, war dies neben der massiven Sicherheitsproblematik das eigentliche Desaster: Die damals schon aktuelle Vision der unerschöpflichen Energie aus Wind und Sonne wurde von der Atomeuphorie für Jahrzehnte ins Abseits verdrängt. (...) Nicht die Industrie, sondern der Staat übernahm die Schlüsselrolle bei der Entwicklung der Kerntechnik. Milliarden flossen in Forschungsprogramme und Risikobeteiligungen."<ref name="Fieberwahn"/> Der damalige RWE-Vorstandschef Heinrich Schöller mahnte bereits 1957 vor Problemen bei der Beseitigung des Atommülls. "Schöller glaubt, die Entsorgung der radioaktiven Abfälle könnte am Ende so kostspielig sein wie die gesamte atomare Stromerzeugung."<ref name="Zeit 2010_10_01"/>
 
 
1957, im Jahr der Gründung der [[Der Euratom-Vertrag|Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom)]], wurde '''das erste deutsche Atomprogramm''' entwickelt, und der Bau von fünf Atomkraftwerken beschlossen. Bis 1960 wollte man 80 % des deutschen Energiebedarfs decken.<ref name="Zeit 2010_10_01"/> Dieses Atomprogramm wurde von der Deutschen Atomkommission (DAtK) konzipiert, welche nach dem Vorbild der US-amerikanischen "Atomic Energy Commission" gegründet worden war. Das Atomprogramm wurde auch "500-MW-Programm", da jedes AKW 100 MW Leistungen haben sollte, oder "Eltviller Programm" genannt. Kernziele des Eltviller Programms war eine deutsche Brennstoff-Autarkie, weshalb ein Schwerwasserreaktoren-Konzept mit Natururan und Plutoniumerzeugung sowie die Brüterentwicklung verfolgt wurden.<ref>Joachim Radkau & Lothar Hahn: Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft. oekom, München 2013. S. 104f. und 108</ref> Der gesetzliche Rahmen für die Nutzung der Atomenergie wurde durch das 1959 ausgefertigte '''Atomgesetz''' geschaffen.<ref>gesetze-im-internet.de: [http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/atg/gesamt.pdf Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz)] abgerufen am 3. Februar 2013</ref>
 
 
Ende der 50er Jahre stellte sich heraus, dass mit einer Rentabilität der Atomkraftwerke nicht zu rechnen und eine '''Subventionierung von Seiten des Staates''' unabdingbar war. Die erste Euphorie verflog, als die deutschen Energieerzeuger weiterhin nicht investieren wollten und sich das deutsche Atomprogramm '''"trotz verdoppelter staatlicher Verlustbürgschaften und Investitionshilfen von zusammen 200 Millionen Mark"''' als Flop erwies. Von den geplanten fünf AKW blieben nur die zwei Versuchskraftwerke [http://de.atomkraftwerkeplag.wikia.com/wiki/R%C3%BCckbau_von_Atomkraftwerken#VAK_Kahl_.28Bayern.29 Kahl] und [http://de.atomkraftwerkeplag.wikia.com/wiki/R%C3%BCckbau_von_Atomkraftwerken#AVR_J.C3.BClich_.28Nordrhein-Westfalen.29 Jülich] sowie das [http://de.atomkraftwerkeplag.wikia.com/wiki/R%C3%BCckbau_von_Atomkraftwerken#AKW_Niederaichbach_.28Bayern.29 AKW Niederaichbach] mit geringer Leistung übrig. Auch für das [http://de.atomkraftwerkeplag.wikia.com/wiki/R%C3%BCckbau_von_Atomkraftwerken#AKW_Gundremmingen_.28Bayern.29 Demonstrationskraftwerk Gundremmingen] musste der Staat zwei Drittel der Kosten vorschießen.<ref name="Zeit 2010_10_01"/> → AtomkraftwerkePlag: [[Subventionierung von Atomkraft]].
 
 
Strauß befürwortete auch später als Bayerischer Ministerpräsident die Atomenergie und setzte in den 80er Jahren den Baubeginn der '''Wiederaufbearbeitungsanlage Wackersdorf''' gegen Widerstände in der Bevölkerung durch. Wackersdorf wurde jedoch aus ökonomischen Gründen zu einer beispiellosen Niederlage für die CSU: "1981 verkündet die bayerische Staatsregierung unter Franz-Josef Strauß erste Pläne für die WAA in Wackersdorf, die "nicht gefährlicher als eine Fahrradspeichenfabrik" werde (Strauß) und sichert eine "rasche und ungestörte Realisierung des Projektes" zu." 1989 jedoch kam für das Projekt, während dessen Bauphase sich jahrelange Proteste mit hunderten Verletzten und zwei Toten ereigneten, das Aus: "Denn da verkündet plötzlich die Veba, der größte Atomstromproduzent des Landes, dass man es sich anders überlegt habe. Man könne viel Geld sparen, wenn man den Müll in der französischen WAA [http://de.atomkraftwerkeplag.wikia.com/wiki/Europa_und_der_Atomausstieg#Atomare_Verseuchung_bei_La_Hague La Hague] behandeln lasse, zu einem Drittel der Kosten, die für Wackersdorf veranschlagt sind. Die Rede ist von jährlichen Einsparungen von 1,5 Milliarden Mark. Da fallen die schätzungsweise 2,5 Milliarden Mark, die man bereits in Wackersdorf investiert hat, fast nicht ins Gewicht."<ref>greenpeace.de: [http://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/nachrichten/artikel/wackersdorf_erinnerungen_an_den_ausnahmezustand/ Wackersdorf - Erinnerungen an den Ausnahmezustand] vom 29. Mai 2009</ref>
 
 
Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete Strauß 2008 zurückblickend als "Lobbyist im Staatsamt".<ref>Süddeutsche.de: [http://www.sueddeutsche.de/bayern/franz-josef-strauss-der-lobbyist-im-staatsamt-1.598767 Der Lobbyist im Staatsamt] vom 6. August 2008 ''[Datum nachträglich durch Süddeutsche.de auf 17. Mai 2010 geändert]''</ref>
 
 
'''Unter Adenauer/Strauß in Betrieb gegangene Reaktoren (Jahr der "ersten Kritikalität"):'''<ref name="Kernreaktoren">Bundesamt für Strahlenschutz: [http://www.bfs.de/de/kerntechnik/Kernanlagen_Stilllegung_Feb13.pdf Auflistung kerntechnischer Anlagen in der Bundesrepublik Deutschland: Anlagen "In Stilllegung"] abgerufen am 25. März 2013</ref>
 
 
*1957 - Forschungsreaktor München
 
 
*1962 - Versuchsatomkraftwerk Kahl<br /><br />
 
 
===Keine Änderungen unter Erhard und Kiesinger===
 
[[Datei:Ludwig_Erhard.png|thumb|200px|Ludwig Erhard]]
 
[[Datei:Kurt_Georg_Kiesinger.png|thumb|200px|Kurt Georg Kiesinger]]
 
 
Befürworter der Atomenergie war '''Ludwig Erhard''' schon als Wirtschaftsminister unter Adenauer und blieb es auch während seiner Kanzlerschaft von 1963 bis 1966. "Strom werde so billig werden, dass sich Stromzähler nicht mehr lohnten, sagte er voraus. Und rund um jedes AKW sah er eine blühende Industrielandschaft mit hunderttausenden Jobs entstehen."<ref name="Farbe bekennen">FR Online: [http://www.fr-online.de/politik/merkel-und-die-atomkraft-die-kanzlerin-muss-farbe-bekennen,1472596,4566456.html Die Kanzlerin muss Farbe bekennen] vom 17. August 2010</ref>
 
 
So marktwirtschaftlich Erhard sonst auch dachte: Das 1963, im ersten Jahr seiner Kanzlerschaft aufgesetzte zweite Atomprogramm war ihm eine kräftige Finanzspritze wert. "3,8 Milliarden Mark steckt der Staat in Forschung, Entwicklung, Bau und Betrieb von Versuchsanlagen und Prototypen. 1967 ''[unter Nachfolger Kiesinger]'' wird das dritte Programm für die Jahre 1968 bis 1972 konzipiert; diesmal sind es 6,1 Milliarden Mark."<ref name="Zeit 2010_10_01"/>
 
 
Das dritte Atomprgramm war ein offizielles Programm der Koalition unter '''Kurt Georg Kiesinger''', das das Ziel hatte, die Atomkraft in steigenden Maße anstelle der Kohle zur Deckung des Energiebedarfs einzusetzen.<ref>Joachim Radkau & Lothar Hahn: Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft. oekom, München 2013. S. 140.</ref> 1969 wurde von Siemens und AEG die Kraftwerk Union (KWU) gegründet, die bald Hauptauftragnehmer für Atomkraftwerke wurde. Die anderen Lieferanten Krupp, GHH und Demag schieden aus.<ref>Joachim Radkau & Lothar Hahn: Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft. oekom, München 2013. S. 208.</ref>
 
 
Große Besorgnis in Deutschland löst zu jener Zeit der Atomwaffensperrvertrag aus, da man befürchtete, auch bei der friedlichen Nutzung der Atomenergie diskriminiert zu werden. Strauß verstieg sich zur Bemerkung: "Das ist ein neues Versailles, und zwar eines von kosmischen Ausmaßen." (...) "Um das Vaterland gleichwohl gegen das neue Versailles zu schützen, eilte Verleger Axel Springer am Donnerstag vorletzter Woche an den Rhein und versprach dem Vertragsfeind Strauß den Beistand seiner Blätter, schlug der CDU-Außenpolitiker Majonica ein Generalsekretariat der atomaren Habenichtse vor."<ref>DER SPIEGEL 10/1967: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46394430.html BONN / ATOM-SPERRVERTRAG - Schlag der Trommeln] vom 27. Februar 1967</ref> "Der Kanzler machte seiner Mannschaft klar, wie ernst die eventuellen wirtschaftlichen Folgen der Nonproliferation zu beurteilen seien: In zehn Jahren werde kein Mensch mehr herkömmliche Kraftwerke bauen. Die Industrie-Nation Deutschland aber könne dann vom Bau der allein zeitgemäßen Atomkraftwerke ausgeschlossen sein, wenn sie jetzt beim Atomsperrvertrag nicht aufpasse."<ref>DER SPIEGEL 16/1967: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46461386.html HUMPHREY-BESUCH - Wie ernst] vom 10. April 1967</ref> Man unterschrieb aber dann schließlich doch.
 
<br />
 
<br />
 
<br />
 
'''Unter Erhard in Betrieb gegangene Reaktoren (Jahr der "ersten Kritikalität"):'''<ref name="Kernreaktoren"/>
 
 
*1965 - MZFR Karlsruhe
 
*1966 - Jülich, Gundremmingen A
 
 
'''Unter Kiesinger in Betrieb gegangene Reaktoren (Jahr der "ersten Kritikalität"):'''<ref name="Kernreaktoren"/>
 
 
*1968 - Lingen, Obrigheim
 
 
==AKW-Boom und Proteste in den 70er bis 90er Jahren==
 
Die sozial-liberalen Koalitionen unter Willy Brandt und Helmut Schmidt nahmen die Atompolitik ihrer Vorgänger als gegeben hin und führten sie weiter.<br /><br />
 
 
===Willy Brandt: Atomkraft noch unumstritten===
 
[[Datei:Willy_Brandt.png|thumb|200px|Willy Brandt]]
 
"SPD-Kanzler Willy Brandt, der 1969 ins Amt kam, war bereits vorher ein bekennender Freund der Atomkraft. Er hatte sich als "Regierender" in Berlin bereits 1960 einen Reaktor gewünscht, nun befürwortete er als Kanzler zum Beispiel das - später aufgegebene - AKW-Projekt des Chemiekonzerns BASF in Ludwigshafen. Das unter Brandt 1973 veröffentlichte Energieprogramm des Bundes empfahl, bis 1985 bis zu 50000 Megawatt Atomstrom ans Netz zu bringen. Das hätte 40 bis 50 Reaktoren entsprochen."<ref name="Farbe bekennen"/>
 
 
"In der Politik ist die Atomkraft in dieser Zeit weitgehend unumstritten. In einem ersten energiepolitischen Gesamtkonzept gibt die damalige sozialliberale Bundesregierung unter Willy Brandt die Richtung vor: den Ausbau der Atomenergie von damals 7200 Megawatt auf 40 000 Megawatt im Jahr 1985."<ref>Bild.de: [http://www.bild.de/politik/2011/politik/deutschlands-geschichte-der-atomkraftwerke-16800896.bild.html Das ist Deutschlands umstrittene AKW-Geschichte] vom 14. März 2011</ref>
 
 
In die Regierungszeit von Kiesinger und Brandt fallen die ersten Ursprünge der Anti-Atomkraftbewegung: Nach einer ersten Anti-AKW-Initiative 1958 gegen das AKW an der Bodega Bay hatte es eine Protestbewegung in den USA in den 60er Jahren gegeben; 1971 folgten Proteste gegen Fessenheim und Bugey in Frankreich und juristische Proteste gegen Würgassen in Deutschland.<ref name="Antiatomkraftbewegung">das-parlament.de: [http://www.das-parlament.de/2011/46-47/Beilage/002.html Eine kurze Geschichte der deutschen Antiatomkraftbewegung] Nr. 46 vom 14. November 2011</ref> Dazu hatten möglicherweise auch die Versuchsergebnisse in der Reaktorstation USAEC in Idaho beigetragen, die "Zweifel an der Wirksamkeit von Notkühlsystemen" aufgeworfen und eine erste internationale Diskussion über die Sicherheit von Reaktoren ausgelöst hatten.<ref>Joachim Radkau & Lothar Hahn: Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft. oekom, München 2013. S. 259.</ref>
 
 
'''Unter Brandt in Betrieb gegangene Reaktoren (Jahr der "ersten Kritikalität"):'''<ref name="Kernreaktoren"/>
 
*1969 - Großwelzheim
 
*1971 - Würgassen
 
*1974 - KNK Karsruhe I<ref>KIT: [http://www.kit.edu/kit/1085.php Forschungszentrum Karlsruhe -Vom Kernforschungszentrum zum Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft] vom 1. Oktober 2010, abgerufen am 22. November 2012</ref>
 
*1972 - Stade, Niederaichbach<br /><br />
 
 
===Helmut Schmidt: AKW-Neubauten und Antiatomkraftbewegung===
 
[[Datei:Verteidigungsminister_Helmut_Schmidt.jpg|thumb|200px|Helmut Schmidt]]
 
Helmut Schmidt forcierte den Ausbau von Atomkraftwerken weiter. In Energiekonzepten wurde der Bau von Dutzenden neuer AKW geplant.<ref>proplanta.de: [http://www.proplanta.de/Agrar-Nachrichten/Energie/Vor-50-Jahren-floss-der-erste-deutsche-Atomstrom_article1308340852.html Vor 50 Jahren floss der erste deutsche Atomstrom] vom 17. Juni 2011</ref>
 
 
Schmidt begründete dies mit dem Argument, dass '''nach der Energiekrise von 1973 Energieknappheit''' drohe und man sich unabhängiger von Erdöl machen müsse. "In der hitzigen Debatte um das norddeutsche AKW-Projekt Brokdorf, wo später ein niedersächsischer Juso namens Gerhard Schröder demonstrierte, bemühte Schmidt sogar die Mär vom Strommangel. "In meinem Sommerhaus am Brahmsee" werde die Stromlieferung für die Nachtspeicherheizung "für das Winterhalbjahr gesperrt", warnte er 1976. Das stimmte zwar nicht. Es ging um die Erhöhung der Grundgebühr. Aber Schmidt folgerte: "Brokdorf muss gebaut werden.""<ref name="Farbe bekennen"/>
 
 
Zu ersten Diskussionen über die Atomkraft kam es in der SPD erst im Jahr 1977. "Zu lange auch waren Fragen nach Risiken der Reaktoren und der Folgeeinrichtungen für Sozialdemokraten uninteressant. So forderte die Bonner Regierung unter Bundeskanzler Helmut Schmidt nach der Öl- und Wirtschaftskrise 1973/74 in der Fortschreibung des Energieprogramms einen beschleunigten Ausbau von Kernkraftwerken, "bis 1985 möglichst 50 000 Megawatt" -- in der irrigen Annahme, dadurch von ausländischen Energie-Rohstofflieferungen weniger abhängig zu werden. Denn auch der Reaktor-Brennstoff Uran muß importiert werden."<ref>DER SPIEGEL 7/1977: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41019524.html SPD/KERNKRAFT - Großer Irrtum] vom 7. Februar 1977</ref>
 
 
Spätestens seit 1975 gewann die '''Antiatomkraftbewegung '''an Dynamik. Helmut Schmidt sah sich mit zahlreichen Protesten konfrontiert: 1975 Wyhl, als durch zivilen Ungehorsam ein AKW samt Industrie am Rhein verhindert wurde<ref>Badische Zeitung: [http://www.badische-zeitung.de/freiburg/wyhl-in-erinnerungen-und-analysen--64234293.html Wyhl in Erinnerungen und Analysen] vom 4. Oktober 2012</ref>, 1977 Schlachten mit der Polizei auf den Bauplätzen von Brokdorf und Grohnde, 1979 Gorleben und die Gründung der "Freien Republik Wendland".
 
 
: "Als den großen Wendepunkt im Atomkonflikt kann man das internationale Gorleben-Symposium in Hannover Ende März 1979 ansehen, das zeitlich mit dem Störfall von Harrisburg und der bis dahin größten Anti-AKW-Demonstration zusammenfiel. (...) Am Ende zog der niedersächsische Ministerpräsident Albrecht das Gorleben-Projekt in seiner ursprünglichen Dimension gar als "politisch nicht durchsetzbar" zurück. (...) Der Protest gegen die Atomkraft wurde das entscheidende Bindeglied zwischen der 68er-Studentenrevolte und der Umweltbewegung; ohne sie wäre auch der Erfolg der Partei der Grünen nicht zu erklären. Dass in der Bundesrepublik die international stärkste Antiatomkraftbewegung und ebenfalls die stärkste grüne Partei entstanden, steht offenkundig in einem kausalen Zusammenhang.
 
 
: In der Protestbewegung der 1970er Jahre sind bereits sämtliche Motive vorhanden, welche die Kritik an der Kernkraft bis heute bestimmen; nur ein neues kam um 1980 dazu und wurde für einige Jahre zum Leitmotiv: die Verbindung zwischen ziviler und militärischer Atomtechnik."<ref name="Antiatomkraftbewegung"/>
 
Auch ein weiteres geplantes Atomkraftwerk in Pfaffenhofen an der Zusam in Bayern mit 1.200 MW Leistung und geschätzten Kosten von sechs Milliarden Mark, das zunächst bei Rehling gebaut werden sollte, musste wegen Widerständen aus der Bevölkerung und der Lokalpolitik aufgegeben werden.<ref>DER SPIEGEL 46/1977: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40736383.html Wie eine Walze] vom 7. November 1977</ref><ref>DER SPIEGEL 36/1982: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14350710.html Wir den Dreck] vom 6. September 1982</ref>
 
 
Es ist später auch die Frage gestellt worden, warum sich die Antiatomkraftbewegung schon in den 70er Jahren etablieren konnte, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch keine größeren Atomunfälle bekannt geworden waren. Repräsentative Umfragen aus dem Jahr 1958 zeigten, dass in der deutschen Bevölkerung von Anfang an große Skepsis herrschte, die Atomenergie mit der Atombombe assoziiert und deren Nutzung nur von einer geringen Minderheit befürwortet wurde.<ref>Joachim Radkau & Lothar Hahn: Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft. oekom, München 2013. S. 68.</ref> In der "FAZ" wurden als mögliche Ursache die Ähnlichkeit von "Atomangst" und "Krebsangst" genannt. "Beide Bedrohungen, der Krebs und die Radioaktivität, markieren Gefahren, die da sind, obwohl man sie nicht sieht, spürt oder fühlt. Und wenn man sie sieht und spürt, ist es meist zu spät."<ref>FAZ.net: [http://www.faz.net/aktuell/2.2032/deutschland-und-die-kernkraft-unser-freund-das-atom-1613327.html Deutschland und die Kernkraft - Unser Freund, das Atom] vom 27. März 2011</ref>
 
 
Die Antiatomkraftbewegung führte auch dazu, dass die '''Reaktorsicherheit''', die den Protagonisten der Atomenergie unangenehm war und bislang in Deutschland vernachlässigt worden war, an Bedeutung gewann.<ref>Joachim Radkau & Lothar Hahn: Aufstieg und Fall der deutschen Atomwirtschaft. oekom, München 2013. S. 227ff.</ref>
 
 
Aufgrund der zunehmenden Proteste wurden auch die '''kritischen Stimmen in der SPD '''lauter, die einen Baustopp bei den Atomkraftwerken forderten, womit sie allerdings bei Helmut Schmidt auf Granit bissen. "Der Spiegel" berichtet von einer konfrontativen Sitzung des SPD-Vorstands im am 28. Februar 2007, in der Helmut Schmidt eine Diskussion über den Bau neuer Atomkraftwerke strikt ablehnte.
 
: "Für Helmut Schmidt steht fest, daß auf den weiteren Ausbau der Kernenergie nicht verzichtet werden kann. Die Diskussion innerhalb der eigenen Partei empfindet er als störend, weil sie die Investitionen der Industrie, mithin Konjunkturverlauf und Arbeitsplatzsicherung gefährden könnte. (...) Die Protestwelle der Bürgerbewegungen wird, so glaubt der Kanzler, bald wieder abebben -- so wie schon früher bei ähnlichen Widerstandsaktionen, etwa der Bewegung gegen die Atombewaffnung oder die Notstandsgesetze. Schmidt gelassen: "Hin und wieder bricht sich der Bürgerwille Bahn." (...) SPD-Chef Willy Brandt war der erste unter den Parteiführern, der intern für eine Pause beim Bau von Atommeilern eintrat."<ref>DER SPIEGEL 12/1977 [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40941842.html Simple Gleichung] vom 14. März 1977</ref>
 
 
1979 kam es zugleich zu einem großen Atomunfall: In einem Reaktor im AKW Three Mile Island bei '''Harrisburg (US-Staat Pennsylvania)''' ereignet sich eine partielle Kernschmelze, radioaktive Gase treten auf.
 
 
→ AtomkraftwerkePlag: [[Die_schlimmsten_bekannten_Atomunfälle#Harrisburg_-_Three_Mile_Island.2C_USA_1979|Harrisburg, USA 1979]]
 
 
1979-1983 wirkte im Bundestag die '''Enquête-Kommission "Zukünftige Kernenergie-Politik"'''<ref name="Enquete">www.bundestag.de: [http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/serien/23690862_enquete_serie/22015969_kw33_enquete2/index.html Jenseits der Tagespolitik - die Enquete-Kommissionen: Teil 2] abgerufen am 16. Oktober 2012</ref>, die zwar keine eindeutigen Ergebnisse lieferte, aber den bisher "überwiegend außerparlamentarisch ausgetragene''[n]'' Atomkonflikt auf die parlamentarische Ebene" hob.<ref name="Antiatomkraftbewegung"/>
 
 
Helmut Schmidt erwies sich auch nach seiner Kanzlerschaft als unbeirrbarer Freund der Atomenergie.
 
 
: 2008 äußerte er sich überzeugt davon, dass die SPD vom beschlossenen Atomausstieg wieder abrücken werde, mit einer Begründung im Atomlobby-Jargon: "Ich finde es erstaunlich, dass unter allen großen Industriestaaten der Welt (...) die Deutschen die Einzigen sind, die glauben, sie könnten ohne Kernkraft auskommen." Es gebe eben nichts ohne Risiken, so Schmidt, auch das Risiko der Lagerung von Brennstäben sei ethisch vertretbar.<ref>Zeit Online: [http://www.zeit.de/online/2008/30/schmidt-atomausstieg-spd Helmut Schmidt für Atomkraft] vom 16. September 2008</ref> Da fragen wir uns, welche Ethik Helmut Schmidt seinem Denken zugrundelegt und freuen uns, dass es bislang nicht zu einer Kehrtwende in der SPD gekommen ist. War der ehemalige Bundeskanzler zu stolz um zuzugeben, dass der von ihm vertretene Ausbau der Atomenergie ein Irrweg war?
 
 
: Aber auch hartnäckige Atomfreunde wie Helmut Schmidt können ihre Meinung revidieren. Nach Fukushima warnte der ehemalige Bundeskanzler nur noch vor einem übereilten Atomausstieg. "Ich kann mir aber vorstellen, dass man bestimmte Typen von Reaktoren relativ schnell stilllegen muss, weil ihre Sicherheitstechnologie veraltet ist. (...) Ein Entschluss zum Atomausstieg allein in unserem Land wäre sinnlos. Die Gefahr bliebe bestehen, da viele ausländische Reaktoren in Grenznähe stehen." Atomenergie scheint nun also auch für Schmidt eine "Gefahr" darzustellen. Zugleich wirft Schmidt den Deutschen trotzig vor, sie hätten "die Neigung, sich zu ängstigen."<ref>Focus Online: [http://www.focus.de/politik/deutschland/tid-22023/politik-die-deutschen-neigen-zur-angst_aid_614543.html "Die Deutschen neigen zur Angst"] vom 4. April 2011</ref>
 
'''Unter Schmidt in Betrieb gegangen Reaktoren (Jahr der "ersten Kritikalität"):'''<ref name="Kernreaktoren"/><ref name="BfS_in_Betrieb">BfS: [http://www.bfs.de/de/kerntechnik/Kernanlagen_Betrieb_Aug_2011.pdf Auflistung kerntechnischer Anlagen in der Bundesrepublik Deutschland:<br />Anlagen "In Betrieb"] abgerufen am 16. März 2013</ref>
 
*1974 - Biblis A
 
*1976 - Biblis B, Neckarwestheim 1, Brunsbüttel
 
*1977 - Isar 1, KNK Karlsruhe II
 
*1978 - Unterweser
 
*1979 - Philippsburg 1
 
*1981 - Grafenrheinfeld<br /><br />
 
 
===Die SPD nach Helmut Schmidt: Bruch mit der Kernenergie===
 
Im Artikel "Geschichte eines Realitätsverlusts" vom 2. Juli 2009 beschreibt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", welches Problem die SPD mit der Antiatomkraftbewegung der 70er Jahre hatte und wie sie sich schließlich zum Rückzug aus der Atomenergie entschloss:
 
 
: "Weil die SPD zu jener Zeit nach wie vor die friedliche Nutzung der Kernkraft uneingeschränkt bejahte, waren die Sozialdemokraten völlig überrascht, als Mitte der siebziger Jahre die Anti-Atomkraft-Proteste immer stärker wurden. (...) Dieser gesellschaftliche Bewusstseinswandel fand seinen Ausdruck nicht zuletzt in der entstehenden Ökologiebewegung, aus der wenige Jahre später "Die Grünen" hervorgehen sollten. Die zunehmende Sensibilisierung der Gesellschaft für den Umweltschutz hatte zur Folge, dass sich innerhalb der Partei zwei Flügel herausbildeten, deren erbitterte Auseinandersetzungen die Partei jahrelang in Atem hielten (...).
 
 
: Die Gründung der Grünen 1980 und der Einzug der Partei in den Bundestag drei Jahre später kosteten die Sozialdemokraten einen Teil ihres Wählerpotentials und gefährdeten dauerhaft ihre Mehrheitsfähigkeit. (...) Den offenen Bruch mit der Kernenergie vollzogen die Sozialdemokraten 1984, als sie auf einem Bundesparteitag erstmals eindeutig und geschlossen gegen sie Stellung bezogen. Der Zubau weiterer Kraftwerke wurde als "unvertretbar und unverantwortlich" abgelehnt, solange die Entsorgungsfrage nicht geklärt sei. (...)
 
 
: Der grauenhafte Reaktorunfall von Tschernobyl im April 1986 führte in Deutschland vorübergehend zu einer beispiellosen Emotionalisierung und Verhärtung der Kernenergie-Debatte. Unter dem Eindruck von Tschernobyl beschlossen die Sozialdemokraten auf ihrem Nürnberger Parteitag im August 1986 den definitiven Rückzug aus der Kernenergie - übrigens gegen die Warnungen von Betriebsräten und Gewerkschaftern. In den folgenden Jahren unternahm die SPD mehrere Anläufe, um den Ausstieg auf Bundesebene durchzusetzen - zunächst ohne Erfolg."<ref>FAZ.net: [http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/kernenergie-geschichte-eines-realitaetsverlusts-1829454.html Geschichte eines Realitätsverlusts] vom 2. Juli 2009</ref>
 
 
1987 brachte die SPD den "Entwurf eines Gesetzes zur Beendigung der energiewirtschaftlichen Nutzung der Kernenergie und ihrer sicherheitstechnischen Behandlung in der Übergangszeit (Kernenergieabwicklungsgesetz)" in den Bundestag ein, der jedoch von der regierenden schwarz-gelben Koalition abgelehnt wurde.<ref>dip21.bundestag.de: [http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/11/046/1104654.pdf Drucksache 11/4654] abgerufen am 3. Februar 2013</ref><br /><br />
 
 
===Helmut Kohl: Tricksen und Vertuschen===
 
[[Datei:Helmut_Kohl_2.png|thumb|200px|Helmut Kohl]]
 
Auch während der langen Regierungszeit von Helmut Kohl als Bundeskanzler (1982-1999) blieben die bisherigen Grundsätze der deutschen Atompolitik erhalten.
 
 
Das ist nicht überraschend, hatte Kohl doch bereits 1979 den wegen der SPD-internen Widerstände stagnierenden Ausbau der Atomkraftwerke unter Schmidt mit pathetischen Worten kritisiert: deswegen wäre "eine lebensbedrohende Situation" entstanden.<ref>DER SPIEGEL 8/1979: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40351204.html Falsches Spiel] vom 19. Februar 1979</ref>
 
 
Im März 1983, bald nach seiner Regierungsübernahme, setzte Kohl die jahrelang verschobene Entscheidung zur Inbetriebnahme des '''schnellen Brüters in Kalkar''' im Bundestag durch.<ref name="Enquete"/>
 
 
Helmut Kohl hatte als rheinland-pfälzischer Ministerpräsident großen Anteil daran, dass der Reaktor '''Mülheim-Kärlich''' mit einem fehlerhaften Genehmigungsverfahren aufgrund lascher Sicherheitsauflagen 1986 in Betrieb ging. Ein Jahr später wurde der Reaktor aufgrund eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichtes Berlin wegen Verstößen gegen das Atomgesetz wieder vom Netz genommen.<ref>DER SPIEGEL 12/1989: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13494531.html Eine Menge getrickst] vom 20. März 1989</ref>
 
 
Im Sommer 1986, nach der [[Die Tschernobyl-Katastrophe|Tschernobyl-Katastrophe]], wurden zwar in allen Parteien Forderungen nach einem Atomausstieg laut, sogar von christdemokratischen Politikern, wie z. B. Kurt Biedenkopf oder Erwin Teufel.<ref>DER SPIEGEL 23/1986 [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13516869.html Kernenergie: Ausstieg so rasch wie möglich] vom 2. Juni 1986</ref>
 
 
Daraus resultierte jedoch kein grundsätzlicher Richtungswechsel in der Atompolitik. Helmut Kohl, der die Atomenergie weiter ausbauen wollte, gründete am 3. Juni 1986 kurzerhand ein '''"Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit"''', mit dem er den Atomkraftgegnern den Wind aus den Segeln nehmen wollte.
 
 
: "Es war ein regelrechter Coup, mit dem der Bundeskanzler die Grünen von der Macht fernhalten und die Atomkraft retten wollte." Der neue Minister Dr. Walter Wallmann leugnete in einer Pressekonferenz jede Gefährdung durch Tschernobyl: ""Herr Minister, ist eine Gefährdung der Bevölkerung in der Bundesrepublik auszuschließen? - Ja, absolut auszuschließen, denn eine Gefährdung besteht nur in einem Umkreis von 30-50 Kilometer um den Reaktor herum. Dort ist sie hoch. Wir sind 2000 Kilometer weg." (...) Klaus Töpfer, ein anerkannter Umwelt-Fachmann, wurde sein Nachfolger. Als er mehr Kompetenzen forderte, schob ihn Helmut Kohl ins Bauressort ab und setzte Angela Merkel als neue Umweltministerin ein."<ref>dradio.de: [http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kalenderblatt/1470145/ Ein Umweltministerium als Beruhigungsmittel] vom 3. Juni 2011</ref>
 
Willfährige Helfer Kohls bei seinem Kurs waren Hamburgs Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) und sein Innensenator Rolf Lange (ebenfalls SPD), die 600 Kernkraftgegner am 8. Juni 1986 bei einer Demonstration gegen das AKW Brokdorf einkesseln, schikanieren und aufs Übelste beschimpfen ließen (später "Hamburger Kessel" genannt).
 
 
: "Rund sechs Stunden lang wurde allen Eingeschlossenen verwehrt, auf die Toilette zu gehen. (...) Eine Hamburger Kirchenvorständlerin wurde von einem Uniformierten angeherrscht: "Man sollte euch über der DDR aus einem Hubschrauber werfen", oder, so ein Kollege, "lieber gleich durchs Minenfeld jagen". Stundenlang gab es für die Eingekesselten nichts zu essen oder zu trinken. (...) Spätabends, als es kalt wurde, verhinderte die Polizei, daß den Demonstranten von Angehörigen und Sympathisanten Decken oder wärmende Kleidungsstücke übergeben wurden. (...) Auch ein Vater mit Kinderwagen wurde abgewiesen. Er suchte seine Frau, die das Baby stillen sollte. Kommentar eines Beamten: "Solches Gesocks setzt auch noch Kinder in die Welt." Sobald Bewegung im Kessel entstand und die vorderen Reihen gegen den Polizisten-Kordon gedrückt wurden setzte es Hiebe mit dem Schlagstock." Lange erhielt danach politsche Rückendeckung von Dohnanyi.<ref>DER SPIEGEL 25/1986: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13518485.html Lieber gleich durchs Minenfeld jagen] vom 16. Juni 1986</ref> Später wurde der Polizeieinsatz gerichtlich für rechtswidrig erklärt.
 
 
Dohnanyi hatte übrigens 1972 als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswissenschaftsministerium ein Eindringen von Wasser in die Asse ausgeschlossen. → AtomkraftwerkePlag: [[Asse]]. 2011, nach Fukushima, warnte Dohnanyi "vor hohen Strompreisen und dem Verlust von Atomexpertise" im Falle eines Atomausstiegs.<ref>Berliner Zeitung: [http://www.berliner-zeitung.de/archiv/ethikkommission-zur-atom--und-energiepolitik-nimmt-ihre-arbeit-auf-oeffentliche-debatte,10810590,10780404.html Ethikkommission zur Atom- und Energiepolitik nimmt ihre Arbeit auf - Öffentliche Debatte] vom 5. April 2011</ref>
 
 
Während der Regierungzeit von Helmut Kohl scheiterten gleich mehrere seit Jahrzehnten geplante Großprojekte. Zunächst der Schnelle Brüter in Kalkar, der schon in den 60er Jahren geplant war, von 1973 bis 1985 gebaut wurde, das bereits erzeugte Plutonium verarbeiten sollte, aber aufgrund seiner Störanfälligkeit und Gefährlichkeit nie in Betrieb ging. 11 Mrd. Mark wurden in den Sand gesetzt. "Mit dem schon zwei Jahre zuvor abgeschalteten Hochtemperaturreaktor im westfälischen Hamm-Uentrop, der statt Strom nur Brennelemente-Schrott fabrizierte, und der ebenfalls 1989 aufgegebenen Wiederaufarbeitungsanlage im oberpfälzischen Wackersdorf zerplatzen die Großprojekte der Branche in Serie. Die über Jahrzehnte gezimmerte Ideologie eines geschlossenen Brennstoffkreislaufs inklusive Plutoniumwirtschaft liegt in Trümmern."<ref name="Zeit 2010_10_01"/>
 
 
Bundeskanzler Kohl setzte sich mit allen Mitteln für den Ausbau der Atomkraft ein:
 
 
*Trotz massiver Proteste ging das Atomkraftwerk '''Brokdorf '''nur ein halbes Jahr nach Tschernobyl ans Netz, und bis 1989 noch fünf weitere (als letztes Neckarwestheim II).
 
 
*1982 kam es zu massiven Protesten gegen den Bau des Zwischenlagers '''Gorleben''', das 1983 fertiggestellt und wegen der Proteste und Rechtsstreitigkeiten erst 1995 eröffnet wurde. Im April 1995 rollte dann der erste Castor-Transport nach Gorleben, ebenfalls von Protesten begleitet.<ref>Wikipedia: [http://de.wikipedia.org/wiki/Atomm%C3%BClllager_Gorleben Atommülllager Gorleben]</ref>
 
 
[[Datei:Atomkraft Beweise für Manipulation in Sachen Gorleben - NDR Nachrichten|thumb|right|250px|NDR aktuell: Beweise für Manipulation in Sachen Gorleben? Die Regierung unter Kanzler Kohl soll Forscher "massiv beeinflusst" haben (hochgeladen in youtube am 9. September 2009)]]
 
*Die "Süddeutsche Zeitung" weist in einem Artikel aus dem Jahre 2009 darauf hin, dass Kohls Kanzleramt 1983 kritische '''Gutachten zu Gorleben entschärfen''' ließ. Im Gutachten wurde beispielsweise bezweifelt, dass Sedimente über dem Salzstock Kontaminationen der Biosphäre verhindern könnten. "Seltsamerweise tauchen manche solcher kritischen Passagen nicht mehr in dem Zwischenbericht vom 6. Mai 1983 auf. Mehr noch: Als Ergebnis wird nun festgehalten, die bisherigen Erkenntnisse hätten "voll bestätigt", dass der Salzstock als Endlager geeignet sei. Eine Erklärung lieferte der damalige PTB-Abteilungsleiter Helmut Röthemeyer unlängst in einem Gespräch mit der taz. Danach seien am 5. Mai überraschend Vertreter des Kanzleramts und des Forschungsministeriums erschienen. Diese hätten darauf gedrungen, erklärte zumindest Röthemeyer, entscheidende Teile der Expertise abzuändern."<ref>Süddeutsche.de: [http://www.sueddeutsche.de/politik/gorleben-kanzleramt-des-helmut-kohl-half-atom-freunden-1.164552 Kanzleramt des Helmut Kohl half Atom-Freunden] vom 26. August 2009 ''[Datum durch Süddeutsche.de nachträglich auf 17. Mai 2010 geändert]''</ref>
 
 
*1995 vertuschte die Kohl-Regierung den '''Wassereinbruch ins Atomlager Asse''': "Jahrelang hat die schwarz-gelbe Bundesregierung unter Helmut Kohl nach SPIEGEL-Informationen den Wassereinbruch im Atommüll-Endlager Asse vertuscht. So sollte die Kernenergie in Deutschland gesichert werden. (...) Als einer der Experten seine Kenntnisse 1996 in einer Habilitationsschrift veröffentlichen wollte, verlangten Mitarbeiter des staatlichen Betreibers und des Bundesforschungsministeriums aber, alle Hinweise auf die Asse zu "überarbeiten". (...)"<ref> Spiegel Online: [http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/atomlager-asse-kohl-regierung-vertuschte-wassereinbruch-a-685990.html Atomlager Asse - Kohl-Regierung vertuschte Wassereinbruch] vom 27. März 2010</ref>
 
 
Auch nach Fukushima blieb Kohl Befürworter der Atomenergie und kritisierte Merkels Atomausstieg mit ähnlichen Floskeln wie Helmut Schmidt (Haben sich beide womöglich telefonisch abgesprochen?): "Es ist ein folgenschwerer Irrtum anzunehmen, dass andere Länder uns folgen würden", wenn Deutschland ausstiege, argumentiert der ehemalige CDU-Chef. (...) Das Unglück im Atomkraftwerk Fukushima I mache alle "fassungslos", dürfe aber "nicht den Blick für die Wirklichkeit verstellen", schreibt Kohl. (...) "Ein überhasteter Ausstieg aus der Kernenergie wäre "eine gefährliche Sackgasse" (...) Kohl warnt auch vor einer vorschnellen Festlegung auf bestimmte Energiequellen wie Wind und Sonne."<ref>Spiegel Online: [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/akw-moratorium-altkanzler-kohl-kritisiert-merkels-atomkehrtwende-a-753065.html Altkanzler Kohl kritisiert Merkels Atomkehrtwende] vom 25. März 2011</ref>
 
 
Klaus Töpfer hingegen leitete nach der Fukushima-Katastrophe als Vorsitzender der "Ethikkommission für sichere Energieversorgung" 2011 die Energiewende mit ein und bezeichnete die Laufzeitverlängerung als Fehler.<ref>dradio.de: [http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1421403/ Töpfer hält Misstrauen für "mehr als verständlich"] vom 26. März 2011</ref>
 
 
'''Unter Kohl in Betrieb gegangene Reaktoren (Jahr der "ersten Kritikalität"):'''<ref name="Kernreaktoren"/><ref name="BfS_in_Betrieb"/>
 
 
*1983 - Krümmel, Hamm-Uentrop
 
*1984 - Gundremmingen B, Gundremmingen C, Grohnde, Philippsburg 2
 
 
*1986 - Brokdorf, Mülheim-Kärlich
 
 
*1988 - Isar 2, Emsland, Neckarwestheim 2
 
 
==Drei Ausstiege seit 1998==
 
[[Datei:Gerhard_Schröder.png|thumb|200px|Gerhard Schröder]]
 
===Schröder: Atomausstieg I===
 
 
Der Gewinn der Bundestagswahl 1998 durch SPD und Grüne bewirkte eine deutliche Zäsur in der deutschen Atompolitik. Mit der Regierungsübernahme hatte die SPD nun die Möglichkeit, den seit 1986 geplanten Ausstieg aus der Kernenergie umzusetzen; bei den Grünen war der Atomausstieg von jeher eine grundsätzliche Forderung gewesen. Die erzielte Lösung blieb allerdings weit hinter den Erwartungen zurück.
 
 
Schröder waren die Forderungen seines grünen Umweltministers Trittin nach schnellem Ausstieg und eindeutigen Restlaufzeiten für alle Atomkraftwerke zu radikal, weshalb er ihm die Atompolitik aus den Händen nahm.<ref>Welt Online: [http://www.welt.de/print-welt/article629475/Schroeder-nimmt-Trittin-Atompolitik-aus-der-Hand.html Schröder nimmt Trittin Atompolitik aus der Hand] vom 17. Dezember 1998</ref>
 
Die Stromkonzerne hatten schon im Vorhinein mit hohen Kosten gedroht, um eine gute Verhandlungsposition zu erreichen: "Die Energiebosse haben sich vorsorglich mit Munition eingedeckt. (...) Ein allzu schneller Ausstieg aus der Atomkraft, so die wohlkalkulierte Botschaft, würde die Deutschen knapp 90 Milliarden Mark und bis zu 150 000 Arbeitsplätze kosten. Zusätzlich ließen die Stromchefs von Experten in ihren Konzernen weitere Horrorzahlen zusammentragen. Rund 83 Milliarden Mark Schadensersatz müßte die Bundesregierung angeblich für entgangenen Gewinn der Konzerne zahlen, wenn alle 19 Meiler sofort stillgelegt würden." Schröder einigte sich in einem persönlichen Gespräch mit den Chefs der deutschen Energiekonzerne.<ref>DER SPIEGEL 52/1998: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8452409.html Abschied vom Atomstrom] vom 21. Dezember 1998</ref><br />
 
 
[[Datei:Der Atomkonsens - Chronologie des Ausstiegs, Teil 1 15.06.2000|thumb|250px|right|Der Atomkonsens - Chronologie des Ausstiegs, Teil 1 vom 15. Juni 2000]]
 
Am 14. Juni 2000 wurde die '''"Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen"''', auch '''"Atomkonsens"''' genannt, abgeschlossen. "Außenminister und Vizekanzler Fischer, der angehende Parteichef Fritz Kuhn und Umweltminister Jürgen Trittin bestimmen die Politik der Partei. Was Trittin mit Kanzler Schröder, Wirtschaftsminister Werner Müller und den Bossen von Energieunternehmen wie E.on und RWE aushandelt, war für manche ein Meilenstein der Umweltbewegung – für andere verkaufte die Partei ''[Die Grünen]'' mit dem Kompromiss ihre Seele." Die Vereinbarung bestimmte zwar die Reststrommenge für jedes AKW, aber keine Restlaufzeiten im Einzelnen. Durchschnittlich war die Restlaufzeit auf 32 Jahre begrenzt. Es durften aber Strommengen zwischen den AKW übertragen werden. Ein endgültiger Ausstiegstermin wurde nicht festgelegt.<ref>Focus Online: [http://www.focus.de/politik/deutschland/tid-18598/zehn-jahre-atomausstieg-meilenstein-als-zerreissprobe_aid_518339.html Zehn Jahre Atomausstieg - Meilenstein als Zerreißprobe] vom 14. Juni 2010</ref>
 
 
Greenpeace hat die Vereinbarung im Wortlaut veröffentlicht: → [http://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/atompolitik/artikel/der_atomkonsens_im_wortlaut/ Atomkonsens]
 
 
Es folgte eine rechtliche Absicherung durch eine''' Novelle des Deutschen Atomgesetzes (AtG)''', die u. a. Regelungen zum Verbot des AKW-Neubaus, Regellaufzeiten, Reststrommengen, Sicherheitsüberprüfungen, Entsorgung in Endlagerstätten, Zwischenlager und Deckungsversorgung für AKW-Betreiber enthielt.<ref>Wikipedia: [http://de.wikipedia.org/wiki/Atomgesetz_(Deutschland) Atomgesetz (Deutschland)]</ref>
 
 
Betrachtet man Vereinbarung und Gesetz nüchtern, handelte es sich eigentlich weniger um einen Atomausstieg, sondern eher um eine Garantie für lange Restlaufzeiten, die der wirtschaftsfreundliche "Genosse der Bosse" Schröder und die grünen "Pragmatiker" der Atomindustrie gewährten.
 
 
Kein Wunder, dass nach der Vereinbarung offener Streit bei den Grünen ausbrach. CDU/CSU, Industrie, Umweltschützer und Linke lehnten den Atomkonsens aus verschiedenen Gründen ab.<ref>Spiegel Online: [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,81045,00.html Nach dem Atomkonsens - Die Grünen zoffen sich] vom 16. Juni 2000</ref> Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel kündigte an, den Atomkonsens wegen der ungelösten Endlagerfrage und des fehlenden Konsenses mit dem Ländern rückgängig machen zu wollen.<ref>Spiegel Online: [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,83062,00.html Schröder wirbt für Atomkonsens] vom 29. Juni 2000</ref>
 
 
Der Atomkonsens hinderte Schröder nicht, 2003 den Export einer Plutoniumfabrik nach China zuzusagen, was starke Protest von Seiten der Grünen auslöste. "Diese Geschäfte ließen sich nicht mit dem Ausstieg aus der Atomenergie im eigenen Land in Einklang bringen."<ref>FAZ.net: [http://www.faz.net/aktuell/politik/atomkraft-gruene-protestieren-gegen-schroeders-zusagen-an-peking-1133102.html Grüne protestieren gegen Schröders Zusagen an Peking] vom 3. Dezember 2003</ref>
 
 
Immerhin gingen die Reaktoren in Stade und Obrigheim enstprechend der Vereinbarung 2003 und 2005 vom Netz.
 
Schröder sah im Atomkonsens einen der Meilensteine seiner Kanzlerschaft.<ref name="Farbe bekennen"/><br /><br />
 
 
===Merkel: Ausstieg aus dem Ausstieg===
 
[[Datei:EPP_Summit_March_2011.jpg|thumb|200px|Angela Merkel]]
 
 
Während der großen Koalition mit der SPD (2005-2009) blieb der unter Schröder beschlossene Atomkonsens zunächst bestehen.
 
 
Nach dem gewonnenen Wahlkampf 2009 wurde die Rücknahme des Atomkonsenses, die Angela Merkel bereits zur Zeit der Kanzlerschaft Schröders angekündigt hatte, im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und FDP festgeschrieben und als Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke umgesetzt. Nicht einmal der Grüne Joschka Fischer mochte 2009 eine Laufzeitverlängerung kritisieren, der mittlerweile die Seiten gewechselt hatte und zum Berater der Atomkonzerne RWE und Siemens geworden war.<ref>RP Online: [http://www.rp-online.de/wirtschaft/unternehmen/ich-bin-jetzt-unternehmer-1.2324792 Joschka Fischer berät Atomkonzerne - "Ich bin jetzt Unternehmer"] vom 8. November 2011</ref>
 
 
Der Laufzeitverlängerung war eine längere Debatte in der Koalition vorausgegangen. Rainer Brüderle (FDP) forderte 15 Jahre.<ref>FR Online: [http://www.fr-online.de/wirtschaft/bruederle-fuer-laufzeitverlaengerung,1472780,4438144.html Brüderle für Laufzeitverlängerung] vom 20. Juni 2010</ref> Mit der extremsten Forderung kam Horst Seehofer (CSU) und forderte im Juli 2010 sogar eine unbegrenzte Laufzeitverlängerung.<ref>Spiegel Online: [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/akw-debatte-seehofer-fuer-unbegrenzte-laufzeitverlaengerung-a-709449.html Seehofer für unbegrenzte Laufzeitverlängerung] vom 31. Juli 2010</ref> Derselbe Seehofer, der nach Fukushima so vehement den Atomausstieg forderte.
 
 
[[Datei:Merkel über die laufzeitverlängerung von atomkraftwerken|thumb|right|250px|Merkel zur Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken (hochgeladen in YouTube am 14. September 2009)]][[Datei:Frontal 21 - Laufzeitverlängerung Atomkraft|thumb|250px|right|ZDF: Frontal 21 - Laufzeitverlängerung Atomkraft von 17. August 2010]]
 
Am 5. September 2010 schlossen Regierung und Energiekonzerne eine neue Vereinbarung, in der die Laufzeiten verlängert werden und die Energiekonzerne im Gegenzug eine Brennelementesteuer zahlen sollten. Am 1. Oktober wurden im Bundestag die entsprechenden Gesetze verabschiedet: "Die Laufzeit der 17 Kernkraftwerke in Deutschland wird (...) um durchschnittlich zwölf Jahre verlängert. Bei Kernkraftwerken mit Beginn des Leistungsbetriebs bis einschließlich 1980 wird die Laufzeit um acht Jahre verlängert, bei den jüngeren beträgt der Zeitraum der Verlängerung 14 Jahre. Die Verlängerung der Laufzeiten eröffnet auch die Möglichkeit, die Finanzierung in den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz zu verstärken."<ref>dipbt.bundestag.de: [http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/030/1703051.pdf Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode, Drucksache 17/3051, Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes] vom 28. September 2010</ref> Am 26. November 2010 bestätigte der Bundesrat, dessen Zustimmungspflicht angezweifelt wurde, den Beschluss. Da anfangs der Bundesrat nicht eingebunden wurde, wurden verschiedene Verfassungsklagen von der Opposition, von Bundesländern und von Greenpeace eingereicht.<ref name="Wikipedia Laufzeitverlängerung">Wikipedia: [http://de.wikipedia.org/wiki/Laufzeitverl%C3%A4ngerung_deutscher_Kernkraftwerke Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke]</ref>
 
 
Im "Stern" wurde die Vorgehensweise Merkels am 9. September 2010 als "Kungelei" kritisiert: "Es gab nicht den geringsten Grund, nach stundenlanger Beratung des Energiekonzepts im Morgengrauen noch schnell einen privatrechtlichen Vertrag mit den Atomkonzernen auszuhandeln und blitzschnell zu unterschreiben, ihn aber nicht zu veröffentlichen. Das riecht unfein nach Kungelei. Und es wirft den Verdacht auf, dass sich die Energiekonzerne ihre Zustimmung zum Konzept - das sie ohnehin sanft behandelt - gut bezahlen ließen: mit einer verbindlichen privatrechtlichen Absicherung gegen Korrekturen. Ein ähnliches Geschmäckle scheint auch der Inhalt von Papieren zu haben, mit denen die Atomstromproduzenten angeblich von all jenen Nachrüstungsforderungen befreit werden, die Norbert Röttgen monatelang als nicht verhandelbar deklariert hat."<ref>stern.de: [http://www.stern.de/politik/deutschland/laufzeitverlaengerung-von-atomkraftwerken-so-nicht-frau-kanzlerin-1602034.html Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken: So nicht Frau Kanzlerin!] vom 9. September 2010</ref>
 
 
In der "Süddeutschen Zeitung" wurde die Vereinbarung als "Lobbyismusexzess in der Sommernacht" kritisiert: "In der Nacht vom 5. auf den 6. September morgens um 5.23 Uhr wurde dieser Laufzeitverlängerungsvertrag unterzeichnet, von dem nicht einmal der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auch nur die leiseste Ahnung hatte. Verhandlungspartner der Atomenergiekonzerne war das Bundesfinanzministerium, das von der Sache steuerlich profitieren wollte, unterstützt vom Bundeskanzleramt. Die Regierung Merkel hat sich und das Land im Spätsommer und Frühherbst 2010 noch einmal in das nukleare Gefängnis gesperrt (...)."<ref>Süddeutsche.de: [http://www.sueddeutsche.de/medien/verschlossene-auster-fuer-stromkonzerne-ich-scheiss-dich-zu-mit-meinem-geld-1.1115387-2 Lobbyismusexzess in der Sommernacht] vom 3. Juli 2011</ref>
 
 
Die Laufzeitverlängerung wurde von massiven Protesten hundertausender Bürger begleitet und mehrheitlich von der Bevölkerung abgelehnt:
 
"Nach Umfrageergebnissen im Sommer 2010 sind 77 Prozent der Deutschen gegen eine Laufzeitverlängerung von 15 Jahren oder mehr, 48 Prozent sind gegen jegliche Laufzeitverlängerung. (...) Angesichts der Katastrophe von Fukushima kamen am 26. März 2011 insgesamt 250.000 Menschen zu Großdemonstrationen in Hamburg, Köln, München und Berlin zusammen und forderten den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie."<ref name="Wikipedia Laufzeitverlängerung"/>
 
 
Mit etwas zeitlichem Abstand fragt man sich, warum Merkel die Laufzeitverlängerung mit solcher Vehemenz durchsetzte, dieselbe, die sie nach Fukushima mit der gleichen Entschlossenheit widerruf. Dass die Mehrheit der Bevölkerung die Atomkraft ablehnte, war ihr sicher bekannt. Schröder hatte mit dem Atomkonsens eine Einigung zustandegebracht, mit der alle gut leben konnten. Auch in ihrer großen Koalition mit der SPD von (2005-2009) war der Atomkonsens kein Problem gewesen. War es ein Zugeständnis an den wirtschaftsfreundlichen Koalitionspartner FDP? Wollte sie die Tradition Kohls wiederaufleben lassen? Ging es um die Brennelementesteuer?
 
 
[[Datei:Monitor 09.09.2010 - Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke|thumb|250px|right|Monitor vom 9. September 2010 - Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke]]
 
Im Juli 2011 behauptete Roettgen, dass die Laufzeitverlängerung durch die Atomlobby diktiert wurde: "Die von der schwarz-gelben Koalition 2010 beschlossene Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke war von den Energieunternehmen forciert worden. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) sagte in einem Beitrag für die ARD, er habe die Verlängerung als "eine Erfahrung von Lobbyismus und wirtschaftlicher Interessenvertretung" erlebt. Er habe damals sogar seinen Rücktritt erwogen. Die Interessen hinter der Verlängerung seien "sehr deutlich, sehr massiv und sehr finanzstark" gewesen, sagte der Minister in einem Beitrag über die deutsche Atomindustrie."<ref>n-tv.de: [http://www.n-tv.de/politik/Roettgen-wollte-hinwerfen-article3849151.html "Atomlobby diktierte die Politik" - Röttgen wollte hinwerfen] vom 20. Juli 2011</ref>
 
 
Informationen zur Einflussnahme der Atomlobby finden Sie unter → AtomkraftwerkePlag: [[Einflussnahme_und_Kampagnen_der_Atomlobby#Laufzeitverl.C3.A4ngerung_2010|Einflussnahme und Kampagnen der Atomlobby/Laufzeitverlängerung 2010]].<br /><br />
 
 
===Merkel: Atomausstieg II===
 
[[Datei:AKW Atomkraftwerk Kernkraftwerk Explosion Fukushima Japan 2011 NUCLEAR PLANET EMERGENCY|thumb|right|250px|ZDF heute journal vom 12. März 2011: Explosion im AKW Fukushima]]
 
Die Katastrophe von Fukushima vom 12. März 2011 bewirkte neuerdings eine deutliche Zäsur in der deutschen Atompolitik.
 
 
Im "Spiegel" ist genau die Reaktion der deutschen Politik an jenem Tag dokumentiert worden: Wie das Bekenntnis zur Atomkraft in der CDU-Basis kippte und Merkel im Telefongespräch mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer zum ersten Mal die Idee für ein Moratorium ansprach: ""Behalt es erst mal für dich", bittet Merkel."<ref>DER SPIEGEL 12/2011: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-77531586.html Außer Kontrolle] vom 21. März 2011</ref> In der Pressekonferenz am selben Abend zusammen mit Westerwelle hielt Merkel zwar offiziell noch an der Kernenergie fest, leitete aber bereits eine mögliche Wende ein: "Wenn schon in einem Land wie Japan mit sehr hohen Sicherheitsanforderungen und hohen Sicherheitsstandards nukleare Folgen eines Erdbebens und einer Flutwelle augenscheinlich nicht verhindert werden können, dann kann die ganze Welt, dann kann auch Europa und dann kann auch ein Land wie Deutschland mit ebenfalls hohen Sicherheitsanforderungen und Sicherheitsstandards nicht einfach zur Tagesordnung übergehen."
 
 
→ bundesregierung.de: [http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2011/03/2011-03-12-pk-kanzerlamt-japan.html Pressestatements von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesminister Guido Westerwelle zum Erdbeben in Japan am 12. März 2011].
 
 
Drei Tage später verkündete Merkel zunächst ein Atommoratorium, mit dem die AKW einer Sicherheitsprüfung unterzogen werden und die sieben ältesten Reaktoren für drei Monate vom Netz gehen sollten.<ref>Bundesregierung: [http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2011/03/2011-03-15-bund-laender-kkw-pruefungen.html Kernkraftwerke kommen auf den Prüfstand] vom 15. März 2013</ref>
 
 
Für die Antiatomkraftbewegung war die Fukushima-Katastrophe Anlass, das Moratorium nicht als letztes Wort hinzunehmen und stattdessen – mit wachsender Unterstützung der Bevölkerung – einen endgültigen Atomausstieg zu fordern. Am 26. März 2011 kam es zu den möglichweise größten Anti-AKW-Demonstrationen überhaupt mit deutschlandweit 250.000 Teilnehmern. "Allein in Berlin gingen demnach 120.000 Atomkraftgegner auf die Straße, in Hamburg folgten 50.000 Menschen den Protestaufrufen, in Köln und München jeweils 40.000."<ref>Spiegel Online: [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/rekord-demos-in-deutschland-atomstreit-trifft-koalition-mit-voller-wucht-a-753371.html Rekord-Demos in Deutschland - Atomstreit trifft Koalition mit voller Wucht] vom 26. März 2011</ref>
 
 
Angesichts der bevorstehenden Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz dürften die Massendemonstrationen maßgeblich dazu beigetragen haben, dass Angela Merkel innerhalb kurzer Zeit die Laufzeitverlängerung rückgängig machte - diesmal ohne Absprache mit der Atomindustrie - und einen erneuten [[Atomausstieg in Deutschland|Atomausstieg]] einleitete.
 
 
Im März 2011 distanzierten sich zunächst einige Koalitionspolitiker vom Ausstiegskurs Merkels: Guido Westerwelle (FDP), Rainer Brüderle (FDP), der die Deutschen als "hysterisch" bezeichnete, und Erwin Huber (CSU).<ref>Spiegel Online: [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/atompolitik-westerwelle-geht-auf-distanz-zu-merkel-a-751926.html Westerwelle geht auf Distanz zu Merkel] vom 19. März 2011</ref> Im April warnte auch der hessische Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Vorsitzende Volker Bouffier vor einem schnellen Ausstieg.<ref>stern.de: [http://www.stern.de/politik/deutschland/hessens-ministerpraesident-bouffier-im-interview-atomkraft-warum-nicht-1673936.html Hessens Ministerpräsident Bouffier im Interview - Atomkraft - warum nicht?] vom 13. April 2011</ref> Noch im Juni 2011 brandete Merkel eine Welle von Bedenken der Atomkraftfreunde in der eigenen Koalition entgegen – dieselben, die sie kurz zuvor selbst artikuliert hatte: "Versorgungssicherheit", "Strompreis", "Klimawandel", "Deutschlands Sonderweg", "Arbeitsplätze", "Rechtssicherheit".<ref>Süddeutsche.de [http://www.sueddeutsche.de/politik/atomausstieg-widerstand-in-der-koalition-merkels-schwieriger-kampf-um-die-eigene-mehrheit-1.1106581 Wie Merkel um die eigene Mehrheit kämpfen muss] vom 9. Juni 2011</ref>
 
 
→ AtomkraftwerkePlag: [[Lügen und Irrtümer zur Atomkraft]].
 
 
Im März 2011 setzte Angela Merkel die "Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung" ein. Deren Aufgabe war es, "einen gesellschaftlichen Konsens zum Atomausstieg zu finden und eine "Energiewende mit Augenmaß" einzuleiten. Die Kommission solle vorgeben, wie der "Übergang in das Zeitalter der erneuerbaren Energien" zu gestalten sei, hieß es in einer Mitteilung der Regierung."<ref>Der Tagesspiegel: [http://www.tagesspiegel.de/politik/chronik-was-war-die-aufgabe-der-ethikkommission/4231820.html Was war die Aufgabe der Ethikkommission?] vom 29. Mai 2011</ref> Man muss sich fragen, welchen Konsens die Kommission eigentlich herstellen sollte. Die Atomkraft wurde von der Bevölkerung mehrheitlich abgelehnt und ein Ausstieg befürwortet, so dass es hier keinen Handlungsbedarf gab. Da die Kommission reichlich mit Atomkraftgegnern und –befürwortern besetzt war, könnte ihr eigentlicher Zweck gewesen sein, Streitgespräche mit der Atomlobby, die sonst die Regierung hätte führen müssen, delegieren zu können. Einer wichtigen Empfehlung der Kommission, den Ausstieg noch vor Ablauf eines Jahrzehnts durchzuführen, folgt die Bundesregierung nicht. <ref>Zeit Online: [http://www.zeit.de/politik/deutschland/2011-05/ethikkommission-bericht-atomausstieg Töpfer-Kommission gegen Standby-AKW] vom 30. Mai 2011</ref>
 
 
In ihrer Regierungserklärung am 9. Juni 2011 begründete Merkel die Atomwende wie folgt: ""Die dramatischen Ereignisse in Japan sind ein Einschnitt für die Welt, ein Einschnitt für mich ganz persönlich", erklärt sie und erinnert an die Opfer der Atomkatastrophe. (...) "Das Restrisiko der Kernenergie habe ich vor Fukushima akzeptiert", räumt Merkel ein. Sie sei überzeugt gewesen, dass ein solcher Unfall in einem Hochtechnologieland nicht eintreten werde. Fukushima allerdings habe gezeigt, dass man sich auf diese Risikoannahmen nicht verlassen könne. Sie habe deshalb im Sinne einer "zuverlässigen, umweltverträglichen und sicheren Energieversorgung" in Deutschland eine Neubewertung vorgenommen."<ref>Süddeutsche.de: [http://www.sueddeutsche.de/politik/regierungserklaerung-zur-energiewende-merkel-erklaert-den-atomausstieg-zur-herkulesaufgabe-1.1106773 Die Atomkanzlerin erklärt ihren Ausstieg] vom 9. Juni 2011</ref>
 
 
Der Entschluss Merkels zum Atomausstieg dürfte – zieht man ihre Politik bis dahin in Betracht – nicht nur auf eine neue innere Überzeugung (die wir ihr nicht absprechen wollen), sondern auch auf wahlkampftaktische Überlegungen zurückzuführen sein. Dies belegt eine Äußerung des FDP-Wirtschaftsministers Rainer Brüderle vom März 2011 vor dem BDI, in der die Atomwende als Wahlkampftaktik bezeichnet wurde.<ref>Spiegel Online: [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/peinliche-atombeichte-merkels-wahlkampf-gau-a-752942.html Peinliche Atombeichte - Merkels Wahlkampf-GAU] vom 24. März 2011</ref>
 
 
Merkels Kurs in der Atomenergie wird zwar mittlerweile von der Koalition mitgetragen, ist aber nicht unumstritten. Einige Atomlobbyisten in der Union lehnen den Atomausstieg grundsätzlich ab, wie der Unionsfranktionsvize, Michael Fuchs (CDU), Kurt Joachim Lauk, der Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, Gerald Hennenhöfer, der Leiter der Reaktorsicherheitsabteilung unter Umweltminister Altmaier, und Michael Glos (CSU). → AtomkraftwerkePlag: [[Die Lobbyisten]]. Auch Horst Seehofer (CSU) und Rainer Brüderle (FDP), die hier schon wegen ihres Engagements für lange AKW-Laufzeiten während der Laufzeitverlängerungsdebatte genannt wurden, dürften – unter geänderten Rahmenbedingungen – sofort wieder ins Lager der Atomlobbyisten umschwenken, auch wenn es von ihnen derzeit keine Äußerungen dazu gibt.
 
 
Wegen der fehlenden Verankerung des Atomausstiegs im Grundgesetz ist keineswegs sichergestellt, dass CDU, CSU und FDP die jetzige Atompolitik des Ausstiegs in Zukunft beibehalten werden. Vergleicht man Äußerungen von Politikern vor und nach der Atomwende, wie sie die "Süddeutsche Zeitung" am 30. Juni 2011 zusammengestellt hat, ist die Kehrtwende zum Atomausstieg sehr schnell erfolgt und legt den Gedanken nahe, dass eine weitere Kehrtwende jederzeit möglich ist.<ref>Süddeutsche.de: [http://www.sueddeutsche.de/politik/zitate-zur-atomdebatte-hoch-lebe-die-kernkraft-die-kernkraft-muss-weg-1.1072431 Atomausstieg: Zitate einer einzigartigen Wende] vom 30. Juni 2011</ref>
 
 
→ AtomkraftwerkePlag: [[Unumkehrbar oder doch nicht?]]
 
 
Im "Focus" wurde darauf hingewiesen, dass es nicht ausreichend sei, den Atomausstieg auf Deutschland zu begrenzen. "Für die Sicherheit ist damit wenig gewonnen. Nahe Deutschlands Grenzen gibt es zahlreiche weitere Atomkraftwerke. (…) ''[Merkel]'' muss auf europäischer Ebene versuchen, ihre Amtskollegen ebenfalls von den Risiken der Kernkraft zu überzeugen."<ref>Focus Online: [http://www.focus.de/politik/deutschland/atomausstieg/atomausstieg-ausstieg-mit-makel_aid_632451.html Ausstieg mit Makel] vom 30. Mai 2011</ref> Die Bundesregierung vermeidet jedoch eine direkte Einflussnahme auf die Atompolitik anderer Staaten. "Die Bundesregierung respektiert es, wenn sich andere Staaten für eine weitere Nutzung der Kernenergie entscheiden. (...) Deutschland setzt mit der Energiewende Maßstäbe – in der EU und weltweit. Viele Länder folgen unserem Vorbild und stellen ihre Kernkraftwerke auf den Prüfstand."<ref>Bundesregierung: [http://www.bundesregierung.de/Webs/Breg/DE/Themen/Energiekonzept/Fragen-Antworten/8_Kernkraft/_node.html Kernkraft - Fragen und Antworten] abgerufen am 9. Dezember 2012</ref>
 
 
Für die Antiatomkraftbewegung hat der Atomausstieg einen zwiespältigen Charakter: Einerseits wurde damit eine Grundforderung erfüllt, andererseits aber wurde der Atomausstieg ein Jahrzehnt in die Zukunft verschoben und nicht im Grundgesetz fixiert. Durch den Ausstiegsbeschluss wurde der Bewegung gleichermaßen der Wind aus den Segeln genommen, und für weitergehende Forderungen, z. B. einem schnelleren oder sofortigen Ausstieg, dürfte die Bevölkerung schwerlich zu motivieren sein. Aus wahlkampftaktischen Gründen rückten auch die Grünen von einem vorzeitigen Ausstieg bis zum Jahr 2017 ab und unterstützen den Zeitplan der schwarz-gelben Regierung.<ref>RP Online: [http://nachrichten.rp-online.de/politik/hoehn-gruene-werden-am-atomausstieg-2022-nicht-mehr-ruetteln-1.1318628 Höhn: Grüne werden am Atomausstieg 2022 nicht mehr rütteln] vom 30. Juni 2011</ref>
 
 
Die Antiatomkraftbewegung möchte, so eine Meldung im Oktober 2012, künftig ihr Augenmerk "auf Organisationen, Firmen und Institutionen richten, die unabhängig von deutschen Ausstiegsbeschlüssen weiterhin auf Atomkraft setzen. Das ist das Ergebnis der Herbstkonferenz am Wochenende, auf der sich jährlich AktivistInnen aus ganz Deutschland austauschen. Außerdem soll die Kooperation mit ausländischen Gruppen verstärkt werden." Es solle aber der Eindruck einer Einmischung in die Energiepolitik anderer Länder vermieden werden.<ref>taz.de: [https://www.taz.de/Anti-AKW-Bewegung-sucht-neue-Gegner/!104505/ Anti-AKW-Bewegung sucht neue Gegner - Rückzug ins internationale Geschäft] vom 30. Oktober 2012</ref>
 
 
Im Verlauf des Jahres 2012 wurde der Atomausstieg in Deutschland kaum mehr in Frage gestellt, und auch der Begriff selbst trat mehr und mehr in den Hintergrund. Intensiv diskutiert und kritisiert wurde statt dessen die konkrete Umsetzung der Energiewende als ein zentrales Vorhaben der Regierung Merkel. In einem Interview im Oktober 2012 versuchte Bundesumweltminister Altmaier, die Energiewende historisch einzuordnen, indem er sie als besondere technologische Herausforderung für die Wirtschaft und als "Mondlandung" Deutschlands bezeichnete. Die Energiewende wird als Chance gesehen, neue ökologische Techniken zu entwickeln und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu stärken.<ref>Welt Online: [http://www.welt.de/politik/deutschland/article110381084/Die-Energiewende-war-unsere-Mondlandung.html "Die Energiewende war unsere Mondlandung"] vom 30. Oktober 2012</ref> Am 4. Januar 2012 erklärte Bundesumweltminister Altmaier, dass die Ära der Atomenergie in Deutschland endgültig Geschichte sei: "Ich sehe unter keiner denkbaren politischen Konstellation die Chance auf eine Renaissance der Kernkraft in Deutschland". Die Erklärung erfolgte als Reaktion auf eine Äußerung des EU-Energiekommissars Oettinger, der einen Neubau von Atomkraftwerken in Deutschland für möglich gehalten hatte.<ref>Spiegel Online: [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/altmaier-sieht-fuer-atomkraft-in-deutschland-keine-chance-mehr-a-875680.html Energiewende in Deutschland - Altmaier schließt Atomkraft für alle Zeiten aus] vom 4. Januar 2013</ref>
 
 
→ AtomkraftwerkePlag: [[Die Energiewende]]
 
 
==Atompolitik in der ehemaligen DDR==
 
 
[[Datei:Portrait_Wilhelm_Pieck.png|thumb|200px|Wilhelm Pieck]]
 
==="Blühende Zukunft – Kernenergie"===
 
 
In die Regierungszeit von Wilhelm Pieck (Präsident 1949-1960) fielen die ersten '''Anfänge des Atomenergieprogramms der DDR'''. 1955 wurde ein Abkommen mit der UdSSR gechlossen und durch den Ministerrat 1957 der "Wissenschaftliche Rat für die friedliche Anwendung der Kernenergie" eingesetzt, das die Regierung beraten sollte. Für Sicherheitsfragen war ab 1957 zunächst das "Amt für Kerntechnik und Kernforschung", ab 1973 das "Staatliche Amt für Atomsicherheit und Strahlenschutz (SAAS)" zuständig.<ref name="Energiepolitik">Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Die Energiepolitik der DDR - Mängelverwaltung zwischen Kernkraft und Braunkohle, Verlag Neue Gesellschaft GmbH, Bonn, 1988. → [http://epub.ub.uni-muenchen.de/2197/1/Kahlert_2197.pdf online auf epub.ub.uni-muenchen.de]</ref>
 
 
Die Ambitionen waren groß: "Etwa 20 Atomkraftwerke sollten bis 1970 ans Netz gehen, prognostizierte der stellvertretende Leiter des Amtes für Kernforschung und Kerntechnik 1957 in der SED-Zeitung "Neues Deutschland". "Blühende Zukunft – Kernenergie" lautete einer der Werbeslogans damals. Damals war die Euphorie für die neue Technik auch in der DDR ungebrochen."<ref name="Keine Kernkraftwerke">MDR: [http://www.mdr.de/damals/archiv/artikel74260.html Warum es in Ostdeutschland keine Atomkraftwerke gibt] vom 22. März 2011</ref> Wie auch in westlichen Ländern hatte man kaum Sicherheitsbedenken: "Damals meinte man, Atomkraftwerke könnten in unmittelbarer Nachbarschaft zu großen Städten gebaut werden, da beim Betrieb der Reaktoren keine umweltschädlichen Abgase und Stäube freiwerden." Die Kernenergie sollte zu einer unerschöpflichen Energiequelle werden; man hoffte auch auf eine eigenständige Versorgung mit Kernbrennstoffen aus aufbereitetem Uran. Die DDR verfügte über große Uranerzvorkommen im Erzgebirge, die von der SDAG Wismut gefördert wurden.<ref name="Energiepolitik"/>
 
 
→ AtomkraftwerkePlag: [http://de.atomkraftwerkeplag.wikia.com/wiki/Uranabbau_in_Deutschland Uranabbau in Deutschland]
 
 
1956 wurde das Zentralinstitut für Kernphysik in Rossendorf gegründet, und 1957 der Rossendorfer Forschungsreaktor (RFR) in Betrieb genommen.<ref name="Forschungsreaktoren">Wikipedia: [http://de.wikipedia.org/wiki/Forschungszentrum_Dresden-Rossendorf Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf]</ref>
 
 
[[Datei:Walter_Ulbricht.png|thumb|200px|Walter Ulbricht]]
 
Unter Walter Ulbricht (Vorsitzender des Staatsrates 1960–1973) wurden die nuklearen Forschungseinrichtungen weiter ausgebaut. Ab 1962 wurde im Rossendorfer Ringzonenreaktor (RRR), einer Eigenentwicklung der DDR, reaktorphysikalische Grundlagenforschung betrieben. 1969 kam die Rossendorfer Anordnung für kritische Experimente (RAKE) hinzu, die bis 1989 wieder abgebaut wurde.<ref name="Forschungsreaktoren"/>
 
 
1965 schlossen die DDR und die Sowjetunion ein Regierungsabkommen über den Bau des Atomkraftwerks Lublin (Greifswald) ab, dessen vier Reaktoren allerdings erst in den 70er Jahren in Betrieb genommen wurden.<ref name ="Lubmin">Wikipedia: [http://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_Greifswald Kernkraftwerk Greifswald]</ref> Man wählte den Standort in einer dünnbesiedelten Region und auf eine Weise, dass radioaktive Wolken bei Unfällen durch den Westwind aufs Meer hinaus geweht werden sollten.<ref name="Energiepolitik"/>
 
 
1966 ging der erste kommerziell genutzte '''Forschungsreaktor Rheinsberg''' in Betrieb, den die DDR aus der Sowjetunion importierte. Der Reaktor bezog seinen Kernbrennstoff aus der UdSSR. Er wurde zur Energieerzeugung verwendet, aber auch für Forschung und Ausbildung.
 
 
→ AtomkraftwerkePlag: [http://de.atomkraftwerkeplag.wikia.com/wiki/R%C3%BCckbau_von_Atomkraftwerken#AKW_Rheinsberg_.28Brandenburg.29 AKW Rheinsberg (Brandenburg)]
 
 
Der radioaktive Atommüll wurde anfangs in der Sowjetunion aufbereitet und endgelagert.<ref name="Energiepolitik"/> 1970 wurde jedoch mit Morsleben ein eigenes Endlager ausgebaut, trotz Bedenken von DDR-Gutachtern wegen mangelnder Standfestigkeit.
 
 
→ AtomkraftwerkePlag: [[Morsleben]]<br /><br />
 
 
===Greifswald und Stendal: Missstände und Verzögerungen===
 
[[Datei:Willi_Stoph.png|thumb|200px|Willi Stoph]]
 
Während der Regierungszeit von Willi Stoph (Staatsratsvorsitzender 1973–1976) gingen der Block 1 (1973) und der Block 2 (1974) des '''AKW Greifswald (Lubmin)'''
 
in Betrieb. Unter Erich Honecker (Staatsratsvorsitzender 1976–1989) wurden 1977 der Reaktor 3 und 1979 der Reaktor 4 in Betrieb genommen.
 
 
→ AtomkraftwerkePlag: [http://de.atomkraftwerkeplag.wikia.com/wiki/R%C3%BCckbau_von_Atomkraftwerken#AKW_Greifswald_.28Lubmin.29_-_Mecklenburg-Vorpommern AKW Greifswald (Lubmin)]
 
 
Damit wurden 10 % des Energiebedarfs der DDR durch Atomkraft gedeckt. Bis Mitte der siebziger Jahre hielten sich noch die optimistischen Prognosen zu einer großen Zukunft der Kernenergie, man wollte sogar Schnelle Brüter entwickeln. Die Hoffnungen verflüchtigten sich jedoch nach und nach, weil die DDR den Anteil von 10 % nicht mehr steigern konnte. Es stellte sich heraus, "daß die technischen Schwierigkeiten und die Sicherheitsprobleme bei der Verwirklichung der ehrgeizigen Atompläne unter- und die Wirtschaftlichkeit der Kernenergienutzung überschätzt wurden."<ref name="Energiepolitik"/>
 
 
[[Datei:Erich_Honecker.png|thumb|200px|Erich Honecker]]
 
Der Betrieb des Atomkraftwerks Lubmin (Greifswald) glich einer "Horrorchronik", wie der "Spiegel" formulierte. Die Regelungen zum Strahlenschutz wurden ignoriert, und es ereigneten sich immer wieder Störfälle, wie beispielsweise 1975, als ein Großbrand im Maschinenraum '''fast zu einem Super-GAU''' führte. Das AKW hatte massive Konstruktionsmängel, und es wurde immer schwieriger, die Reaktoren betriebsbereit zu halten. "Verzweifelt versuchten die Atomtechniker der DDR in den letzten Jahren, die zusehends vergammelnden Reaktoren in Lubmin betriebsfähig zu halten. Die Reparaturaufwendungen wurden immer dringlicher (…). Wie bei einem verrosteten Uralt-Auto wurden die "Reko-Phasen" immer länger, immer mehr Teile der Riesenanlage sind materialermüdet, kaputt, verschlissen oder schrottreif. Gleichzeitig wurden die Sowjets mit der Lieferung von Ersatzteilen immer säumiger. (…) Entsprechend wuchsen die Ausfallzeiten des AKW Greifswald." Alle diese Mängel und der fast eingetretene GAU wurden konsequent verheimlicht.<ref>DER SPIEGEL 2/1990: [http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-52397652.html Zeitbombe Greifswald] vom 1. Februar 1990</ref>
 
 
In einem weiteren Artikel wies der "Spiegel" darauf hin, dass "Sicherheitsvorschriften "beinahe wahllos umgangen" wurden. Aus Störfällen zogen die Ingenieure keinerlei Konsequenzen, weder in der Anlage noch bei der Organisation der Arbeit. Unfallursachen beseitigten sie oberflächlich. (…) Noch schlimmer: Der Reaktorhersteller in der Sowjetunion mahnte schon 1984 die Betreiber seiner Atommeiler, die Anlagen umzubauen. Wegen der Sprödigkeit des Stahls dürfe im Notfall das kalte Kühlwasser nicht unvermittelt auf das heiße Material treffen, da dann die Gefahr eines Sprödbruchs erhöht werde. In der Sowjetunion befolgten die Kraftwerksbetreiber die Auflage und leiteten das Abkühlwasser um, in der DDR geschah nichts."<ref>DER SPIEGEL 23/1990: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13499382.html Da kommt nichts Gutes] vom 4. Juni 1990</ref>
 
 
Bis zur Wende gab es nur vereinzelte Proteste der Bevölkerung gegen die Nutzung der Kernenergie. Die Bürger hatten bei Standortentscheidungen kein Mitspracherecht, Diskussionen wurden unterdrückt. "Als Ende der siebziger Jahre die Anti-Kernkraftbewegung im Westen auch von den Meinungsmachern der DDR nicht mehr einfach übersehen werden konnte, versuchte man, der eigenen Bevölkerung einzureden, daß die Technik der atomaren Stromerzeugung für sich genommen nicht riskant sei, sondern sie erst in Verbindung mit den gesellschaftlichen Verhältnissen im "Kapitalismus" Gefahren heraufbeschwöre."<ref name="Energiepolitik"/><br />
 
 
Planungen zum dritten '''Atomkraftwerk Stendal''' in der ehemaligen DDR gab es bereits 1971. In diesem Jahr wurde nach neueren Quellen der "Aufbaustab des KKW III" bereits 1971 gegründet.<ref>ycdt.de: [http://www.ycdt.de/kkw-stendal/anfang.htm KKW Kernkraftwerk Stendal - Anfang der Baustelle]  abgerufen am 30. Dezember 2012</ref> 1974 wurde die Baustelle bei Niedergörne in Sachsen-Anhalt eröffnet, eine erste offizielle Meldung erfolgte in der Magdeburger "Volksstimme" vom 1. August 1974. Anfangs waren vier Reaktoren mit 440 MW Leistung geplant, später wurde die Planung auf vier Reaktoren mit 1000 MW Leistung geändert.<ref>ycdt.de: [http://www.ycdt.de/kkw-stendal/geschichte.htm Kernkraftwerk Stendal - die wechselvolle Geschichte] abgerufen am 30. Dezember 2012</ref> Die Blöcke 1 und 2 sind laut IAEO 1982 und 1984 in Bau gegangen.<ref>pub.iaea.org: [http://www-pub.iaea.org/MTCD/Publications/PDF/CNPP2011_CD/countryprofiles/Germany/Germany2011.htm Germany] abgerufen am 10. Oktober 2012</ref>
 
 
1983 kam es jedoch in der Sowjetunion zu Problemen bei der Serienfertigung von Atomreaktoren. "Schon davor hatte es in der sowjetischen Presse kritische Berichte gegeben über "schlampige" Arbeit bei der Errichtung von Wohnkomplexen für die Atommasch-Belegschaft, über die mangelhafte Qualität von Produkten aus Zulieferbetrieben sowie über Planungsfehler bei der Sicherung von Ausbildungskapazitäten. Und auch beim Bau von Druckwasserreaktoren des Typs WWER 1000, wie sie im Kernkraftwerk Stendal zum Einsatz kommen sollen, hat es in der Sowjetunion Pannen und Verzögerungen gegeben."<ref name="Energiepolitik"/>
 
 
Äußerst unangenehm war der DDR-Führung die '''Tschernobyl-Katastrophe''', die sich in der befreundeten Sowjetunion ereignet hatte. In den offiziellen Nachrichtensendungen der "Aktuellen Kamera" vom 28. April bis 14. Mai 1986 wurde der GAU nach allen Regeln der Kunst vertuscht. Das alles werde nur "hochgespielt", ein Überprüfen der DDR-Reaktoren sei "nicht relevant", es bestünde keinerlei Gefährdung. Der "MDR" hat die Fernsehsendungen der "Aktuellen Kamera" archiviert: → [http://www.mdr.de/damals/archiv/artikel74066.html "Tschernobyl 1986" im Spiegel der Medien: Chronologie der Berichterstattung in der DDR]. Man hob die im Vergleich zu sowjetischen Modellen andere Bauweise der DDR-Reaktoren hervor, zählte Störfälle in westlichen Ländern auf, und im "Neuen Deutschland" sprach man sogar von einer "gezielten Panikmache" sowjetfeindlicher Kreise.<ref name="Energiepolitik"/>
 
 
Willi Stoph, Vorsitzender des Ministerrats, kündigte 1986 an, dass bis 1990 drei weitere Reaktoren im AKW Lubmin (Greifswald) fertiggestellt werden sollten.<ref name="Energiepolitik"/> Doch wesentlich später als geplant, da es Lieferverzögerungen und Qualitätsmängel in der Sowjetunion gegeben hatte, ging 1989 nur noch der Reaktor 5 des AKW Lubmin (Greifswald) in Betrieb. Die geplanten Reaktoren 6 bis 8 wurden nicht mehr fertiggestellt.<ref name="Lubmin"/>
 
 
Welche Missstände in den DDR-Kernkraftwerken geherrscht hatten, wurde der Öffentlichkeit erst nach der Wende bekannt, nachdem Sebastian Pflugbeil (Neues Forum) als Minister unter der Regierung Modrow Hintergrundmaterialien und Dokumente untersucht hatte. "Geheime Papiere der "Ständigen Kontrollgruppe Anlagensicherheit" dokumentierten, wie marode die DDR-Kernkraftwerke waren, wie das Personal schlampte. "Mängel in der Qualifikation der Leitungsleute, Arbeitsorganisation, Schlamperei, Alkohol. Und bis zum Schluss hat man von den Russen nicht erfahren, aus welchem Stahl das Reaktordruckgefäß bestand. Da gab es Fehler bei eingesetzten Materialien, Messfühler, die nicht funktioniert haben.""<ref name="Keine Kernkraftwerke"/> Pflugbeil hatte schon früher als Bürgerrechtler in der DDR gegen Uranbergbau und Kernkraftwerke protestiert. Seine Hinweise auf Sicherheitsmängel und Kosten für eine Nachrüstung trugen zum Ende der Geschichte der Atomkraft in der DDR maßgeblich bei.<ref>Welt Online: [http://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article13131677/Der-Mann-der-den-DDR-Atomausstieg-herbeifuehrte.html Der Mann, der den DDR-Atomausstieg herbeiführte] vom 11. April 2011</ref><br /><br />
 
 
===Stilllegung nach der Wende===
 
 
Nach der Vereinigung 1990 übernahm die Bundesrepublik Deutschland das Erbe der Atompolitik der DDR und musste die Entscheidung treffen, was mit den Altreaktoren geschehen sollte. 1990 wurde zunächst der Reaktor Rheinsberg stillgelegt. → AtomkraftwerkePlag: [http://de.atomkraftwerkeplag.wikia.com/wiki/R%C3%BCckbau_von_Atomkraftwerken#AKW_Rheinsberg_.28Brandenburg.29 AKW Rheinsberg (Brandenburg)]
 
 
1991 folgten alle Forschungsreaktoren in Rossendorf.<ref name="Forschungsreaktoren"/> Heute wird im Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf u. a. atomare Sicherheitsforschung betrieben. So werden z. B. fiktive Störfälle an Kernkraftwerken simuliert und durchgerechnet.<ref>Zeit Online: [http://www.zeit.de/2011/16/S-Nuklearforscher Die Kernkonfusion] vom 16. April 2011</ref> → AtomkraftwerkePlag: [[Rückbau_von_Atomkraftwerken#AKW_Rheinsberg_-_Brandenburg|Rückbau von Atomkraftwerken/AKW Rheinsberg]]
 
 
Zum AKW Lubmin (Greifswald) schrieb der "Spiegel“ im September 1990: "Selbst einem Einheitskanzler macht die Einheit nicht nur Freude. "Wenn ich die in der DDR betriebenen Kernkraftwerke betrachte", meinte Helmut Kohl vergangene Woche, "dann gibt es eine Summe von Fragen, die mir Unbehagen bringen." (…) "Entweder", spitzt Töpfers Abteilungsleiter Walter Hohlefelder die notwendige Entscheidung zu, "die Bundesregierung baut in der DDR Staatsreaktoren, oder der Staat wird zum atomaren Abrißunternehmer." Beides gefällt den Politikern nicht, denn beides kostet viele, viele Milliarden." Drei Lubmin-Reaktoren waren zu diesem Zeitpunkt bereits stillgelegt worden, der vierte folgte Ende 1990.<ref>DER SPIEGEL 38/1990: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13502019.html Völlig durchstrahlt] vom 17. September 1990</ref> → AtomkraftwerkePlag: [[Rückbau_von_Atomkraftwerken#AKW_Greifswald_.28Lubmin.29_-_Mecklenburg-Vorpommern|Rückbau von Atomkraftwerken/AKW Greifswald (Lubmin)]]
 
 
An den beiden Reaktoren des AKW Stendal wurde noch 1990 weitergebaut, was der "Spiegel" im Dezember 1990 als Geldverschwendung kritisierte.<ref>DER SPIEGEL 52/1990: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13502983.html Absurdes Schauspiel] vom 24. Dezember 1990</ref> Bei der Sichtung der Archive des AKW Stendal ist 2012 ein Dokument entdeckt worden, nach dem bereits im September 1990 ein vorläufiger Baustopp ausgesprochen wurde.<ref>ycdt.de: [http://www.ycdt.de/kkw-stendal/kab-ag-baust.jpg KKW Stendal - Vorläufiger Baustop] vom 17. September 1990</ref> Über das Bauende gibt es - je nach Quelle - verschieden Angaben. Laut pub.iaea.org wurden die Arbeiten in Stendal zum 1. März 1991 eingestellt.<ref>mdr.de: [http://www.mdr.de/fakt/artikel98338_zc-a03b651e_zs-f147184e.html Das unvollendete Kernkraftwerk] vom 14. Juli 2010</ref><ref>pub.iaea.org: [http://www-pub.iaea.org/MTCD/Publications/PDF/CNPP2011_CD/countryprofiles/Germany/Germany2011.htm Germany] abgerufen am 10. Oktober 2012</ref>
 
 
→ ycdt.de: [http://www.ycdt.de/kkw-stendal/index.htm Kernkraftwerk Stendal - gestern - heute – morgen]. Sichtung der Archive des AKW Stendal<br />
 
→ robotrontechnik.de: [http://www.robotrontechnik.de/index.htm?/html/sonderbeitraege/kwstendal.htm Nur unsere Gesichter strahlten: Kernkraftwerk Stendal] vom 15. Juli 2012<br />
 
 
==Einzelnachweise==
 
<references />
 
 
[[Kategorie:Atomlobby]]
 
[[Kategorie:Atomlobby]]
 
[[Kategorie:Deutschland]]
 
[[Kategorie:Deutschland]]

Version vom 9. Mai 2013, 07:46 Uhr

Atomenergie: 50 verlorene Jahre

Datei:Snapshots from -pc11 - VI.jpg

Bonner Wasserwerk (Plenarsaal des Bundestages 1986-92)

Die Atomenergie hat die politische und wirtschaftliche Realität in Deutschland und Europa Jahrzehnte lang mitgeprägt. Erst wenn man sich dies bewusst macht, versteht man, weshalb dem Atomausstieg solch intensiver Widerstand aus Politik und Wirtschaft gegenübersteht. Es war genug Zeit da, um eine hartnäckige Atomlobby mit entsprechenden Beharrungskräften zu erzeugen und zu erhalten.

Zugleich warf die Atomenergie die Nutzung der erneuerbaren Energien und die dafür nötige technische Entwicklung um 50 Jahre zurück.

Phasen der Atompolitik

Erste Anfänge in den 30er und 40er Jahren
Die Atomeuphorie der 50er und 60er Jahre
AKW-Boom und Proteste in den 70er bis 90er Jahren
Drei Ausstiege seit 1998
Atompolitik in der ehemaligen DDR